Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruch muss schriftlich eingelegt oder zur Niederschrift erklärt werden (§ 357 Abs. 1 Satz 1 AO). Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 22.07.2016 (BGBl. I. 2016, 1679) wurde Satz 3 des § 357 Abs. 1 AO gestrichen. Begründet wird diese Änderung mit der geringen Notwendigkeit, in der aktuellen Zeit auf Telegramme explizit zu verweisen (BT-Drs. 18/7457, 91).
I. Schriftlichkeit
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Rechtsbehelf ist schriftlich eingereicht, wenn sich sein Inhalt aus einem vom Rechtsbehelfsführer herrührenden Schriftstück ergibt. Telefonische Erklärungen genügen auch dann nicht, wenn ein Finanzbeamter bereit ist, den Inhalt des Gespräches in einem schriftlichen Aktenvermerk aufzuzeichnen (BFH v. 10.07.1964, III 120/61 U, BStBl III 1964, 590). Eine Fotokopie, ein Telefax (BGH v. 09.03.1982, 1 StR 817/81, HFR 1983, 128) oder eine E-Mail (§ 87a Abs. 1 und 3 AO) sind Schriftstücke i. S. des § 357 Abs. 1 AO. Ein wirksamer Einspruch kann ebenfalls durch eine E-Mail eingelegt werden (Seer in Tipke/Kruse § 357 AO Rz. 8.). Hat die Finanzbehörde die Übermittlung für elektronische Dokumente eröffnet, so bedarf es keiner qualifizierenden Signatur in der E-Mail (BFH v. 13.05.2015, III R 26/14, BStBl II 2015, 790; Seer in Tipke/Kruse § 357 AO Rz. 8).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Unterschrift ist kein wesentliches Erfordernis des schriftlichen Einspruchs (FG Sa v. 07.05.1992, 2 K 129/88, EFG 1992, 712), jedoch dürfen über den Willen und die Person des Einspruchsführers keine Zweifel verbleiben (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz. 16). Der Unterschrift kommt allenfalls Beweischarakter zu für die Frage, ob der Berechtigte Einspruch eingelegt hat. Ist aber eine Unterschrift nicht erforderlich, bedarf es auch bei einer Übermittlung per E-Mail oder anderer elektronischer Kommunikationsmittel keiner qualifizierten elektronischen Signatur (§ 87a AO). Der Einspruch ist in deutscher Sprache einzulegen.
II. Erklärung zur Niederschrift
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Erklärung zur Niederschrift wird von dem Einspruchsführer bei der Behörde abgegeben und vom aufnehmenden Finanzbeamten unterzeichnet. Wird eine mündliche Erklärung des Steuerpflichtigen ohne sein Verschulden nicht protokolliert, liegt zwar kein wirksamer Einspruch vor, es kommt jedoch Wiedereinsetzung in Betracht (BFH v. 19.10.2001, XI S 27/01, BFH/NV 2002, 371). Eine telefonische Erklärung kann nicht niedergeschrieben werden (Rz. 5). Ein Fax, das an "Persönlich Herrn Vorsteher Finanzamt" adressiert ist und erkennbar dienstlichen Charakter hat, geht dem FA im Zeitpunkt des Eingangs in der Faxstelle der Behörde zu und nicht erst dann, wenn es vom Vorsteher zur Kenntnis genommen und in den Geschäftsgang gegeben wird (BFH v. 28.04.2014, III B 44/13, BFH/NV 2014, 1185).
III. Unrichtige Bezeichnung
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsbehelfes ist nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO unschädlich. Die Erklärung muss nicht als "Einspruch" bezeichnet werden. Es genügt, wenn sich aus dem Vorbringen des Steuerpflichtigen ergibt, dass er eine Überprüfung und Abänderung des Verwaltungsaktes begehrt. Der Wille des Erklärenden ist im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) zu ermitteln (BFH v. 29.07.1986, IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359). Dabei ist zu beachten, was für den Erklärenden am günstigsten ist (BFH v. 26.04.1988, VIII R 292/82, BStBl II 1988, 855; BFH v. 5.7.2016, VIII B 148/14, BFH/NV 2016, 1484). Auch außerprozessuale Erklärungen hat die Finanzverwaltung im Zweifelsfall zugunsten des Steuerpflichtigen als Rechtsbehelf zu betrachten (BFH v. 28.03.2012, II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486). Es müssen sich jedoch zumindest Anhaltspunkte für einen Einspruch in seiner Erklärung finden. So kann ein Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO nicht in einen Einspruch umgedeutet werden (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz. 29). Geht dagegen nach Erlass eines Schätzungsbescheides innerhalb der Einspruchsfrist beim Finanzamt eine Steuererklärung ohne weitere Erklärung ein, ist dies als Einspruch gegen den Schätzungsbescheid zu werten (BFH v. 27.02.2003, V R 87/01, BStBl II 2003, 505). Einwendungen gegen die KiSt können nicht ohne Weiteres als Einspruch gegen den ESt-Bescheid gewertet werden (FG Ddorf v. 06.12.1978, VIII 123/77 E, EFG 1979, 267; BFH v. 08.05.2008, VI R 12/05, BStBl II 2009, 116). Gleichwohl kann in der erneuten Geltendmachung eines bereits abgelehnten Antrages ein Einspruch gegen die Ablehnung zu sehen sein (BFH v. 08.02.1974, III R 140/70. BStBl II 1974, 417). Große Unklarheiten sollten die Finanzbehörde veranlassen, durch Rückfrage das Gewollte zu erfahren (BFH v. 19.06.1997, IV R 51/96, BFH/NV 1998, 6).
IV. Einspruchsführer
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Urheber des Einspruchs muss aus der Erklärung erkennbar sein (§ 357 Abs. 1 Satz 2 AO). Fehlt es an der Unterschrift, kann sich seine Person aus einem Firmenbriefkopf, aus der Steuernummer oder aus der Angabe des Absenders ergeben (Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz. 11 ff.). Soll d...