Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
I. Äußere Form
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das schriftlich abzufassende Urteil (§ 105 Abs. 1 Satz 2 1. HS FGO) beginnt mit der Eingangsformel. "Im Namen des Volkes" (§ 105 Abs. 1 Satz 1 FGO). Ihr Fehlen ist allerdings für die Wirksamkeit des Urteils unerheblich. Bei besonderen Urteilsformen folgt die nähere Entscheidungsform (z. B. Zwischenurteil, Teilurteil oder nur Urteil).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das nachfolgende Rubrum bezeichnet die Beteiligten in ihrer Parteirolle als Kläger bzw. Beklagter bzw. sonstiger Beteiligter (§ 57 FGO) nach Namen, Beruf und Wohnort (§ 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO); bei nicht natürlichen Personen tritt der Sitz an die Stelle des Wohnorts. Auch die gesetzlichen Vertreter sowie die Bevollmächtigten sind namentlich und in gleicher Weise zu bezeichnen; fehlen Angaben hierüber, so ist das Urteil deshalb nicht unvollständig i. S. des § 120 Abs. 1 FGO (BFH v. 27.03.1968, VII R 21, 22/67, BStBl II 1968, 535). Aus der Funktion des Urteils als Titel folgt, dass die Bezeichnung der Beteiligten so eindeutig wie möglich sein muss; bei Parteien kraft Amtes (z. B. Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker), die selbst in ihrer Eigenschaft Beteiligte sind, muss das Rubrum auch diese erkennen lassen (z. B. als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners). Anschließend ist das Gericht sowohl wie der Spruchkörper aufzuführen (Angabe der Ordnungsnummer des Senats) sowie die Namen der Mitglieder, die an der Entscheidung mitgewirkt haben (§ 105 Abs. 2 Nr. 2 FGO); bzw. des Einzelrichters (§§ 6, 79a Abs. 2 bis 4 FGO), u. E. unter Angabe der Befugnisnorm. Üblicherweise wird auch der Gegenstand des Verfahrens angegeben (z. B. "wegen Einkommensteuer 2015"); gesetzlich vorgesehen ist dies aber nicht. Ebenfalls nicht vorgesehen ist die Angabe des Entscheidungsdatums; auch dieses wird aber regelmäßig aufgenommen. Dies ermöglicht den Beteiligten ebenso wie die Nennung der Richter, zu prüfen, ob das Gericht entsprechend den Regelungen des Geschäftsverteilungsplans besetzt war.
II. Tenor
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unerlässlicher und wohl wichtigster Bestandteil eines Urteils ist weiter die eindeutige Urteilsformel, auch Tenor genannt (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 FGO), worunter der – der Vollstreckung zugängliche – Rechtsausspruch zu verstehen ist. Der Tenor ist grundsätzlich maßgebend für die Reichweite eines Urteils. Ergibt sich aus der Urteilsformel – erforderlichenfalls unter Heranziehung des weiteren Entscheidungsinhalts (s. dazu BFH v. 17.11.1992, VIII R 35/91, BFH/NV 1993, 316 m. w. N.) – nicht eindeutig, wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist, ist das Urteil wegen Unbestimmtheit unwirksam (BFH v. 22.07.1993, VIII R 67/91, BStBl II 1994, 469; BFH v. 16.09.2015, I R 20/13, BFH/NV 2016, 586). Steht ein eindeutig formulierter Tenor in Widerspruch zu den Ausführungen in den Entscheidungsgründen, ist grundsätzlich der Tenor maßgeblich (BFH v. 15.05.2006, VII B 70/06, BFH/NV 2006, 1678); der Tenor kann jedoch im Falle eines erkennbaren Widerspruchs nach § 107 FGO berichtigt werden (BFH v. 19.08.2015, V B 26/15, BFH/NV 2015, 1599).
Die Urteilsformel muss auch die Entscheidung über die Kostentragungspflicht umfassen (§ 143 Abs. 1 FGO), und zwar als Nebenentscheidung (wegen der Ausnahmen bei Teil- und Zwischenurteilen s. § 97 FGO Rz. 2, s. § 98 FGO Rz. 3 und s. § 99 FGO Rz. 9). Desgleichen ist im Tenor über die vorläufige Vollstreckbarkeit (§ 151 FGO) – was in der Praxis häufig fehlt – sowie über eine etwaige Revisionszulassung (§ 115 Abs. 2 FGO) zu befinden. Die Nichtzulassung der Revision muss nicht im Tenor ausgesprochen werden. Auch die Entscheidung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO) muss nicht in den Tenor aufgenommen werden; dies empfiehlt sich aber, wenn der Kläger bereits einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
III. Tatbestand
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Tatbestand (§ 105 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 FGO), der zumindest inhaltlich von den Entscheidungsgründen getrennt werden muss, hat in sich verständlich zu sein und in knapper (nicht verknappter) Darstellung ein klares, vollständiges und in sich abgeschlossenes Bild des Streitstoffs (der Entscheidungsgrundlage) unter Hervorhebung der Anträge der Beteiligten zu enthalten (BFH v. 05.09.1989, VII R 61/87, BStBl II 1989, 979; BFH v. 24.07.1996, X R 45/94, BFH/NV 1997, 295). Er muss in sich geordnet sein, sei es unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Abfolge (einschließlich der "Prozessgeschichte"), sei es in logischer Folge (so BFH v. 05.09.1989, VII R 61/87, BStBl II 1989, 979). Sowohl Beweiserhebungen wie auch die Beiziehung von Akten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind, müssen sich aus ihm ergeben. Das wesentliche Vorbringen der Beteiligten zu ihren Anträgen ist in straffer Form wiederzugeben. Auch die von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge sind in den Tatbestand aufzunehmen. Mit ihm bestimmen die Beteiligten den En...