Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Fristsetzung ist ein Verwaltungsakt (§ 118 AO) und steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 17; Dumke in Schwarz/Pahlke, § 364b AO Rz. 18; a. A. FG Sa v. 21.02.1997, 1 K 166/96, EFG 1997, 651). Dem Steuerpflichtigen kann aufgegeben werden, innerhalb einer gesetzten Frist
- Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt,
- sich über klärungsbedürftige Punkte zu erklären oder
- Beweismittel vorzuzeigen oder Urkunden vorzulegen, soweit er dazu verpflichtet ist.
Die Möglichkeiten (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO) können einzeln oder kumulativ angewendet und bei Bedarf mit verschiedenen Fristen versehen werden.
I. Voraussetzungen
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruchsführer kann aufgefordert werden, Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Ausgangsverfahren er sich beschwert fühlt (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO). Damit soll die ohnehin geltend zu machende Beschwer (§ 350 AO) spezifiziert werden. Dies ist bei den geringen Anforderungen, die an die Geltendmachung der Beschwer gestellt werden, auch sinnvoll, da oftmals nicht klar ist, gegen welche Tatsache sich der Angriff des Steuerpflichtigen richtet. Die Ausführungen zur Beschwer dienen aber nicht nur der Klärung der Zulässigkeit (die Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung, § 350 AO), sondern der Konzentration des Verfahrens auf den nach Ansicht des Einspruchsführers beeinträchtigenden Streitstoff. Auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt, fallen nur ungeklärte klärungsbedürftige und relevante Tatsachen unter § 364b Abs. 1 Nr. 1 AO (Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 12). Ebenso wenig kann der Einspruchsführer zu Rechtsausführungen aufgefordert werden. Die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung ist keine Tatsachenerklärung und fällt nicht unter § 364b Abs. 1 Nr. 1 AO. In Betracht kommt aber § 364b Abs. 1 Nr. 3 AO, die Vorlage von Urkunden (Rößler, DStZ 1995, 272, 272; Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 15).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vom Einspruchsführer kann eine Erklärung zu klärungsbedürftigen Punkten verlangt werden (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO). Nach der Gesetzesbegründung sind mit "Punkten" klärungsbedürftige Vorgänge gemeint, d. h. einzelne Sachverhalte, die noch nicht vollständig und verständlich dargestellt worden sind. Der Vortrag muss insoweit ergänzt werden, dass die Finanzbehörde imstande ist, sich über entscheidungsrelevante Tatsachen Klarheit zu verschaffen. Auch § 364b Abs. 1 Nr. 2 AO ist auf Tatsachen beschränkt und berechtigt nicht zur Aufforderung, Rechtsausführungen abzugeben. In der Fristsetzung müssen die zu klärenden Tatsachen genau bezeichnet werden, um den Umfang der präkludierenden Wirkung zu beurteilen (BFH v. 25.04.1995, IX R 6/94, BStBl II 1995, 545).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruchsführer kann außerdem aufgefordert werden, Beweismittel zu bezeichnen oder Urkunden vorzulegen, soweit er dazu verpflichtet ist (§ 364b Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Verpflichtung zur Bezeichnung von Beweismitteln ergibt sich bereits aus den allgemeinen Mitwirkungspflichten (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Das Beweisthema muss wegen der ausschließenden Wirkung so genau wie möglich bezeichnet sein. Die Vorlage von Urkunden (als spezielles Beweismittel) unterliegt aber den Voraussetzungen des § 97 AO. Zur Abgabe der Steuererklärung ist der Steuerbürger nach § 149 Abs. 1 AO verpflichtet. Besteht keine Verpflichtung zur Vorlage der Urkunden, kann die Finanzbehörde sie auch nicht über § 364b Abs. 1 Nr. 3 1. Alt. AO (Beweismittel) herbeiführen (Birkenfeld in HHSp, § 364b AO Rz. 56, 60).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei
II. Ermessen
Tz. 8
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Die Setzung einer Ausschlussfrist für die Erfüllung der Aufforderungen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dabei muss die Behörde ihre Entscheidung davon abhängig machen, ob sie im Nichtbetreiben des Verfahrens seitens des Einspruchsführers rechtsschutzfremde Motive erkennt, die lediglich der Verschleppung des Verfahrens dienen (FG Sa v. 21.02.1997, 1 K 166/96, EFG 1997, 651). Bestehen Zweifel an der Missbrauchsabsicht des Einspruchsführers, sollte zunächst zur Erklärung ohne Ausschlussfrist aufgefordert werden (FG Nds v. 27.02.1997, X 128/96, EFG 1997, 939; FG Bbg v. 24.10.1997, 2 K 566/97, EFG 1998, 387, wonach eine Fristsetzung ohne vorherige Aufforderung zur Einspruchsbegründung ermessensfehlerhaft ist).
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die gesetzte Frist muss angemessen sein. Auch die Dauer steht im Ermessen der Finanzbehörde. Sie muss sich am erforderlichen Zeitaufwand orientieren. Die Fristsetzung ist aber ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde mit der Bearbeitung des jeweiligen Einspruchs tatsächlich noch nicht begonnen hat und bis zum Ablauf der gesetzten Frist nicht in der Lage sein wird, sich mit ihm zu befassen (FG Nds v. 27.02.1997, X 128/96, EFG 1997, 939; Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 24). Die...