Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO kann das FG die Beteiligten für einen Güteversuch an "einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter" – den sog. Güterichter – verweisen. Dieser kann alle Methoden der Konfliktbeteiligung einschließlich der Mediation einsetzen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Er ist gesetzlicher Richter i. S. von Art. 101 Satz 1 GG, wenn er auch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nicht zu einer (streitigen) Entscheidung des Rechtsstreits befugt ist, d. h., er trifft keine Entscheidung in der Sache. Der Güterichter kann nicht Mitglied des für den Rechtsstreit zuständigen Senats sein (Steinhauff, SteuK 2013, 160). Demzufolge ist der Güterichter im Geschäftsverteilungsplan nach § 4 FGO i. V. m. § 21e GVG (s. § 4 FGO Rz. 4 f.) zu bestimmen und kann nicht von den Verfahrensbeteiligten frei gewählt werden (Brandis in Tipke/Kruse, § 155 FGO Rz. 9). Die Entscheidung über die Verweisung an den Güterichter liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Prozessgerichts, wobei es wesentlich auf das Einverständnis der Beteiligten ankommt (Steinhauff, SteuK 2013, 160, 161; vgl. auch FG Sachsen v. 16.06.2014, 6 K 354/14, juris). Der Beschluss ist gem. § 128 Abs. 2 FGO unanfechtbar. Sinnvollerweise wird das Ruhen des Klageverfahrens für die Dauer des Güterichterverfahrens auf Antrag der Beteiligten angeordnet (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 251 ZPO; § 278 Abs. 4 ZPO gilt wegen des ausdrücklich auf § 278 Abs. 5 ZPO beschränkten Verweises nicht im finanzgerichtlichen Verfahren.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für das Güterichterverfahren gilt weder das MediationsG noch die FGO, sondern es richtet sich nach den autonomen Absprachen der Beteiligten, die das Verfahren im Zusammenwirken mit dem Güterichter frei vereinbaren können (Steinhauff, SteuK 2013, 160, 162). Treffen die Beteiligten vor dem Güterichter eine einvernehmliche Lösung, wird das Verfahren in der Hauptsache durch Klagerücknahme (§ 72 FGO) oder übereinstimmende Hauptsachenerledigung (§ 138 Abs. 1 FGO) beendet. Kommt keine Einigung zustande, kann das Güterichterverfahren jederzeit ohne Angabe von Gründen durch die Beteiligten oder den Güterichter beendet werden (Steinhauff, SteuK 2013, 160, 162 f.). Der Rechtsstreit wird dann in der Hauptsache nach den Vorschriften der FGO vor dem zuständigen Spruchkörper bzw. Einzelrichter fortgeführt.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vom Güterichterverfahren (s. Rz. 4) ist das Mediationsverfahren (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278a ZPO) zu unterscheiden. Dieses kann von den Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts freiwillig zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung durchgeführt werden (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278a Abs. 1 ZPO). Mediation ist nach der gesetzlichen Definition des § 1 Abs. 1 MediationsG ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien (im Finanzprozess: Beteiligte, § 57 FGO) mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Die Beilegung des Streits erfolgt damit ohne Beteiligung des Gerichts. Daher ordnet das FG das Ruhen des Verfahrens an, wenn sich die Beteiligten zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 278a Abs. 2, 251 ZPO) entschließen.