Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO kann gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen grds. nur der zur Vertretung berufene Gesellschafter oder der Klagebevollmächtigte i. S. des § 48 Abs. 2 FGO Klage erheben. Diese Regelung ist nach der neueren Rspr. des BFH dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der ESt richtet (vgl. z. B. BFH v. 27.05.2004, IV R 48/02, BStBl II 2004, 964; BFH v. 29.01.2007, IX B 181/05, BFH/NV 2007, 1511; BFH v. 29.11.2012, IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910; BFH v. 18.08.2015, I R 42/14, BFH/NV 2016, 164). Den Gesellschaftern (Feststellungsbeteiligten) steht daneben eine eigene Klagebefugnis nur zu, soweit in ihrer Person die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 FGO erfüllt sind, obwohl sich ein Gewinnfeststellungsbescheid letztlich seinem Inhalte nach an die Mitunternehmer (Gesellschafter) richtet (BFH v. 27.05.2004, IV R 48/02, BStBl II 2004, 964), ansonsten ist ihre Klage unzulässig. Abweichend hiervon sind bei einem negativen Feststellungsbescheid neben der Gesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO ausnahmsweise auch die Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 und 5 FGO selbst klagebefugt (z. B. BFH v. 11.07.2017, I R 34/14, juris; BFH v. 19.01.2017, IV R 50/13, BFH/NV 2017, 751; BFH v. 24.01.2018, I B 81/17, BFH/NV 2018, 515). Dies gilt z. B., wenn die Finanzbehörde die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO mit der Begründung verneint, auf der Ebene der Gesellschaft fehle eine Gewinnerzielungsabsicht (BFH v. 19.01.2017, IV R 5/16, BFH/NV 2017, 755). Eine Klagebefugnis der Gesellschafter nach diesen Grundsätzen besteht auch dann, wenn darüber gestritten wird, ob ein negativer oder positiver Feststellungsbescheid vorliegt (BFH v. 11.11.2014, VIII R 37/11, juris). Klagt ein solchermaßen klagebefugter Gesellschafter nicht selbst, ist er gem. § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen (BFH v. 24.01.2018, I B 81/17, BFH/NV 2018, 515). Wer zur Vertretung der Gesellschaft nach außen hin – und damit auch vor Gericht – berufen ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Regelungen (§§ 709, 710, 714 BGB, §§ 125, 170 HGB). Dies gilt auch für eine im Ausland ansässige Personengesellschaft, an der im Inland ansässige Gesellschafter beteiligt sind, und den Fall, dass der Feststellungsbescheid auf § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO beruht (BFH v. 11.09.2013, I B 79/13, BFH/NV 2014, 161; BFH v. 24.01.2018, I B 81/17, BFH/NV 2018, 515). Der Klagebefugte ist berechtigt, fremde Rechte (die der Feststellungsbeteiligten) im Namen der Gesellschaft geltend zu machen. Ein ausdrücklicher Nachweis der Zustimmung aller Gesellschafter ist daher nicht generell erforderlich (BFH v. 29.01.2007, IX B 181/05, BFH/NV 2007, 1511). Es handelt sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft (BFH v. 29.01.2010, II B 143/09, BFH/NV 2010, 842), die in der FGO nur ausnahmsweise zulässig ist (s. § 40 FGO Rz. 9 f.). So ist z. B. anerkannt, dass allein die Feststellung des Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft angefochten werden kann, ohne dass zugleich auch dessen Verteilung zum Streitgegenstand und damit ein eigenes Klagerecht der Mitunternehmer eröffnet wird (BFH v. 19.02.2009, IV R 83/06, BStBl II 2009, 798). Ein Klagerecht nur des Mitunternehmers besteht z. B. auch dann, wenn streitig ist, ob die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus seinem Einzelunternehmen auf die Mitunternehmerschaft zur Aufdeckung stiller Reserven im Einzelunternehmen geführt hat (BFH v. 07.02.2013, IV R 33/12, BFH/NV 2013, 1120). Die Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen, erlischt allerdings mit deren Vollbeendigung (BFH v. 11.04.2013, IV R 20/10, BStBl II 2013, 705; s. Rz. 8 ff.).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der gemeinsam bestellte bzw. der fingierte bzw. der von der Finanzbehörde bestimmte Empfangsbevollmächtigte (s. § 183 AO Rz. 1 ff.) ist nur dann als Klagebevollmächtigter i. S. von § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt, wenn die Feststellungsbeteiligten spätestens bei Erlass der Einspruchsentscheidung über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt wurden (§ 48 Abs. 2 Satz 3 FGO). Darüber, wie sich der späteste Zeitpunkt dieser Belehrung mit dem Widerspruchsrecht in § 48 Abs. 2 Satz 2 FGO letzter Satzteil verträgt, hat sich der Gesetzgeber offenbar keine Gedanken gemacht, während die Belehrung über die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten nach § 352 Abs. 2 Satz 3 AO stets vor Erlass des – möglicherweise anzufechtenden – Verwaltungsakts vorgeschrieben ist. Das erscheint deswegen so gravierend, weil der Widerspruch gegen die Klagebefugnis d...