Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Ruhen des Verfahrens wird durch übereinstimmende Anträge der Beteiligten herbeigeführt und vom Gericht beschlossen. Für das Ruhen des Verfahrens gilt § 155 FGO i. V. m. § 251 ZPO:
§ 251 ZPO Ruhen des Verfahrens
Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Erforderlich ist ausschließlich der übereinstimmende Antrag des Klägers und des Beklagten, nicht etwa aller oder nur anderer Beteiligter (BFH v. 21.02.1989, IV B 39/87, BFH/NV 1990, 375; BFH v. 29.11.1991, III R 207/90, BFH/NV 1992, 610; BFH v. 18.03.2002, I B 48/01, BFH/NV 2002, 1163; BFH v. 16.06.2009, V B 154/08, BFH/NV 2009, 1597; BFH v. 30.11.2009, I B 171/09, BFH/NV 2010, 908; BFH v. 28.06.2010, III B 73/10, BFH/NV 2010, 1847) hat das Gericht gem. § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 251 Abs. 1 ZPO das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn dies aus wichtigen Gründen zweckmäßig ist. Auch das NZB-Verfahren kann zum Ruhen gebracht werden (z. B. BFH v. 23.08.2016, V B 32/16, BFH/NV 2016, 1757). Die Anordnung der Verfahrensruhe setzt voraus, dass die Klage oder das Rechtsmittel zulässig ist (BFH v. 30.07.2009, II B 170/08, ZSteu 2009, R1021). Trotz des Wortlauts des § 251 ZPO, schließt der BFH aus der Verwendung des Wortes "zweckmäßig", dass das FG einen Ermessensspielraum bei seiner Entscheidung über die Anordnung des Ruhens des Verfahrens hat (BFH v. 20.03.2009, III B 219/08, juris). Die Entscheidung, das Ruhen des Verfahrens für beendet zu erklären und das Verfahren wieder aufzunehmen, ist ebenfalls eine Ermessensentscheidung, die das Gericht jederzeit erlassen kann, wenn es ihm zweckmäßig erscheint (BFH v. 20.03.2009, III B 219/08, juris). Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens kann zweckmäßig sein, wenn eine Billigkeitsmaßnahme der (vorgesetzten) Finanzbehörde zu erwarten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Billigkeitsmaßnahme erst während oder nach Schluss der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist (BFH v. 11.02.2009, I R 67/07, BStBl II 2010, 57). Soweit ein Klageverfahren nicht wegen eines Parallelfalls gem. § 74 FGO ausgesetzt werden darf (s. Rz. 5), kommt das Ruhen des Verfahrens gem. § 251 ZPO i. V. m. § 155 Satz 1 FGO in Betracht, allerdings bedarf es dazu der Zustimmung des Klägers und des Beklagten (BFH v. 28.06.2010, III B 73/10, BFH/NV 2010, 1847, BFH v. 24.09.2012, VI B 79/12, BFH/NV 2013, 70; s. Rz. 3).
Tz. 10a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die Anordnung der Verfahrensruhe trifft der Senat bzw. Einzelrichter, im vorbereitenden Verfahren der Vorsitzende oder der Berichterstatter, durch mit der Beschwerde (§ 128 Abs. 1 FGO) anfechtbaren Beschluss (BFH v. 28.09.1998, VII B 155/98, BFH/NV 1999, 341). Das Ruhen des Verfahrens kommt auch bei Anhängigkeit eines Musterprozesses vor dem BFH in Betracht; das FG ist dazu aber nicht verpflichtet (auch BFH v. 18.09.2002, XI B 126/01, BFH/NV 2003, 189; für das Einspruchsverfahren gilt § 363 Abs. 2 Satz 2 AO; s. dazu BFH v. 29.04.2003, VI R 140/90, BStBl II 2003, 719). Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann zum einen von Amts wegen durch Beschluss erfolgen, und zwar z. B. dann, wenn infolge der Entscheidung des BFH über Musterverfahren keine wichtigen Gründe (mehr) vorliegen, die ein weiteres Ruhen zweckmäßig erscheinen lassen (BFH v. 27.10.1993, X B 136/93, BFH/NV 1994, 389). Zum anderen durch Antrag eines Beteiligten entsprechend § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 250 ZPO.