Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 276 Abs. 1 und 2 AO ist der aufzuteilende Steuerbetrag abhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung. Wird der Antrag vor Einleitung der Vollstreckung gestellt, d. h. vor Ausfertigung der Rückstandsanzeige (§ 276 Abs. 5 AO), so wird die Steuer aufgeteilt, die im Zeitpunkt des Eingangs des Aufteilungsantrages geschuldet ist. Geschuldet wird auch die Steuer, die aufgrund gewährter Stundung (§ 222 AO) oder Aussetzung der Vollziehung (§§ 361 AO, 69 FGO) nicht fällig und folglich nicht vollstreckbar ist. Dennoch sind gestundete und von der Vollziehung ausgesetzte Beträge in die Aufteilung nach § 276 Abs. 1 AO einzubeziehen (Werth in Klein, § 276 AO Rz. 3; Müller-Eiselt in HHSp, § 276 AO Rz. 7; Drüen in Tipke/Kruse, § 276 AO Rz. 2). Geht der Antrag nach Ausfertigung der Rückstandsanzeige ein, wird diejenige Steuer aufgeteilt, auf die sich die Rückstandsanzeige bezieht.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der nach den § 276 Abs. 1 und 2 AO aufzuteilende Betrag wird durch § 276 Abs. 3 AO dahingehend modifiziert, dass in die Aufteilung Steuerabzugsbeträge und getrennt festgesetzte Vorauszahlungen auch dann einzubeziehen sind, wenn sie vor der Antragstellung entrichtet wurden, also nicht mehr rückständig sind. Außerdem sind in die Aufteilungsrechnung auch die in § 276 Abs. 4 AO genannten steuerlichen Nebenleistungen (Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge) einzubeziehen.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 276 Abs. 6 AO behandelt die Folgen von Zahlungen, die entweder nach dem gem. § 276 Abs. 1 bzw. 2 AO maßgeblichen Zeitpunkt geleistet oder gem. § 276 Abs. 3 AO in den aufzuteilenden Betrag einbezogen werden und nicht allen Gesamtschuldnern gleichmäßig zugerechnet werden. § 276 Abs. 6 AO beseitigt rückwirkend die Tilgungswirkung des § 44 Abs. 2 Satz 1 AO (BFH v. 12.01.1988, VII R 66/87, BStBl II 1988, 406; Müller-Eiselt in HHSp, § 276 AO Rz. 12). Ob die Zahlungen freiwillig erfolgt sind oder beigetrieben wurden, spielt dabei für die Anwendung von § 276 Abs. 6 AO keine Rolle. Für die Zurechnung von Zahlungen gelten die Grundsätze des § 37 Abs. 2 AO (BFH v. 04.04.1995, VII R 82/94, BStBl II 1995, 492). Ein Gesamtschuldner zahlt im Zweifel nur auf seine eigene Schuld. Eine Aufteilung nach Köpfen erfolgt nur dann, wenn der zahlende Gesamtschuldner oder ein Dritter erkennbar für Rechnung aller Gesamtschuldner gezahlt hat. Bei Ehegatten ist dies bei Fehlen einer anderen Bestimmung solange der Fall, wie die Ehe besteht und diese intakt ist (BFH v. 04.04.1995, VII R 82/94, BStBl II 1995, 492). Soweit die auf Rechnung des jeweiligen Gesamtschuldners eingehenden Zahlungen dessen Anteil nach Aufteilung der Schuld betreffen, erhält er die Beträge erstattet (§ 276 Abs. 6 Satz 2 AO).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach nunmehr allgemeiner Auffassung steht die Aufrechnung des FA gegenüber einem Gesamtschuldner (§ 226 AO) der Zahlung durch diesen gleich, auch wenn die Aufrechnung systematisch nicht dem Vollstreckungsverfahren, sondern – noch – dem Erhebungsverfahren zuzurechnen ist (BFH 12.01.1988, VII R 66/87, BStBl II 1988, 406; BFH v. 12.06.1990, VII R 69/89, BStBl II 1991, 493 und nunmehr BFH v. 18.12.2001, VII R 56/99, BStBl II 2002, 214; BFH v. 17.11.2009, VI B 118/09, BFH/NV 2010, 604; Müller-Eiselt in HHSp, § 276 AO Rz. 14; Drüen in Tipke/Kruse, § 276 AO Rz. 8). Damit beinhaltet § 276 Abs. 6 AO ein Aufrechnungsverbot bzw. eine der Höhe nach beschränkte Aufrechnungsbeschränkung dem Ehegatten gegenüber, auf den nach Aufteilung der Steuerschuld kein Anteil entfällt oder ein Anteil der geringer ist als die Hauptforderung dieses Ehegatten gegen das FA.