Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 118 AO ist Verwaltungsakt eine hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls, bzw. einer Vielzahl von Fällen (Allgemeinverfügung), auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.,
I. Hoheitliche Maßnahme einer Behörde
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine behördliche Maßnahme ist jedes willentliche Verhalten eines Amtsträgers (s. § 7 AO), das einer Behörde (s. § 6 AO) zugerechnet werden kann.
1. Behörde
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Behörde ist nach § 6 AO jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Nach h. M. sind Behörden durch Organisationsakt geschaffene, selbstständige, nicht rechtsfähige Organisationseinheiten, die eigenverantwortlich öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben. Keine Behörden sind die Abteilungen eines Ministeriums oder der OFD, die Zollämter, Grenzkontrollstellen und Zollkommissariate, da diese unselbstständige Dienststellen sind. An Selbstständigkeit fehlt es auch Dezernaten, Dienst- oder Geschäftsstellen und Ausschüssen. Werden Behörden als Hilfsstellen anderer Behörden tätig (s. § 195 Satz 2 AO, § 18 Satz 2 FVG), ist der Verwaltungsakt der Behörde zuzurechnen, für die die Behörde tätig geworden ist.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Finanzbehörden sind nur solche Behörden, die in § 6 Abs. 2 AO genannt sind und die Aufgaben i. S. des § 1 AO erfüllen. Hierzu zählen insbes. die Hauptzollämter und ihre Dienststellen, Zollfahndungsämter, Finanzämter und Familienkassen. Auch die selbstständigen Organisationseinheiten von Religionsgemeinschaften in der Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts, z. B. Kirchensteuerämter (s. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV), sind Finanzbehörden. Andere Behörden können den Finanzbehörden gesetzlich gleichgestellt sein, z. B. das Bundesmonopolamt für Branntwein, nicht jedoch die Verwertungsstelle (s. § 6 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 1 Nr. 2 FVG). Maßnahmen im Straf- und Bußgeldverfahren (§§ 385 AO ff., §§ 409 AO ff.) sind niemals Verwaltungsakt i. S. des § 118 AO, sondern sind nach den Bestimmungen der StPO und OWiG zu bestimmen.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
FG und BFH sind keine Behörden, sodass bei gerichtlicher Steuerfestsetzung kein Verwaltungsakt vorliegt. Bei der formlosen Mitteilung der Neuberechnung der Steuer aufgrund des FG-Urteils handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (BFH v. 29.05.2012, III S 19/11, BFH/NV 2012, 1467). Privatpersonen, die in das Steuererhebungsverfahren für Rechnung des Steuerschuldners eingeschaltet sind, sind keine Behörden, sondern selbst steuerpflichtig. Danach sind die Einbehaltung von Lohnsteuer (s. § 38 EStG), der Lohnsteuerjahresausgleich durch den Arbeitgeber (s. § 42b EStG) und das Anerkenntnis nach § 42d Abs. 4 Nr. 2 EStG kein Verwaltungsakt.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Diktion eines Steuerverwaltungsaktes muss nicht hoheitlich formuliert sein, sie kann auch eine "Bitte" enthalten (Seer in Tipke/Kruse § 118 AO Rz. 11). Der Bundesfinanzhof stellt dabei auf eine Gesamtbetrachtung ab (BFH v. 04.09.2001, VIII B 119/00, BFH/NV 2002, 157). Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung kann ein Indiz gegen die Annahme eines Verwaltungsakts sein (BFH v. 03.07.2002, II R 20/01, BStBl II 2002, 842; v. 27.09.2017, XI R 15/15, BStBl II 2018, 155).
2. Maßnahme
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Maßnahme ist jedes willentliche Verhalten. Aus einem Unterlassen kann im Allgemeinen kein Regelungszweck abgeleitet werde, sodass im Schweigen einer Behörde auf einen Antrag kein Verwaltungsakt gesehen werden kann. Maßnahme ist nur das willentliche Verhalten eines Amtsträgers (s. § 7 AO). Auf dessen interne Zuständigkeit kommt es nicht an, jedoch ist das Handeln Unbefugter der Behörde nicht zuzurechnen. Fehlt der Wille, einen Verwaltungsakt zu erlassen, handelt es sich um einen unwirksamen Scheinverwaltungsakt. Dies gilt auch dann, wenn die nur als verwaltungsinterne Äußerung beabsichtigte Erklärung gegen den Willen des Amtsträgers dem Steuerpflichtigen bekannt wird, soweit die Aufgabe des Bekanntgabewillens ausreichend in den Akten dokumentiert worden ist (BFH v. 24.11.1988, V R 123/83, BStBl II 1989, 344; BFH v. 23.08.2000, X R 27/98, BStBl II 2001, 662; a. A. Seer in Tipke/Kruse § 118 AO Rz. 10, der von der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes ausgeht und den § 129 AO anwendet, was jedoch zum gleichen Ergebnis führt). Liegt lediglich eine Abweichung des tatsächlichen von dem beabsichtigten Inhalt des Verwaltungsakts vor, wird der Verwaltungsakt mit dem tatsächlichen Inhalt wirksam (s. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO) und stellt sich die Frage der Rücknahme, Berichtigung, Änderung oder Aufhebung (s. §§ 129–133 AO bzw. §§ 172 AO ff.). Ein Verwaltungsakt ergeht i. d. R. unter der Bezeichnung Verfügung, Entscheidung, Bescheid, Festsetzung, Bewilligung, usw. Es kommt jedoch nicht auf die Bezeichnung an, sondern darauf, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 118 AO erfüllt sind und für den Adressaten erkennbar ...