Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Kann ein Verfahren aus den in § 81 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AO genannten Gründen nicht durchgeführt werden, kommt die Bestellung eines Vertreters nur in Betracht, wenn der Beteiligte nicht ohnehin im Sinne der §§ 34 oder 35 AO vertreten ist oder einen gewillkürten Vertreter i. S. des § 80 AO bestellt hat. Von der in der Vorschrift eröffneten Möglichkeit, für die Bestellung eines Vertreters durch die Finanzbehörde zu sorgen, kann nicht Gebrauch gemacht werden, wenn ein Beteiligter handlungsunfähig und nicht gesetzlich vertreten ist; diese Konstellation ist durch § 81 Abs. 1 AO nicht erfasst. In derartigen Fällen ist für Minderjährige von Amts wegen ein Vormund, für juristische Personen ein Notvorstand zu bestellen.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt in Betracht, wenn für einen handlungsunfähigen Beteiligten zwar ein gesetzlicher Vertreter bestellt ist, dieser aber aus den in § 81 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 AO genannten Gründen selbst nicht imstande ist, seine Funktion im Verfahren wahrzunehmen (Drüen in Tipke/Kruse, § 81 AO Rz. 3).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Einzelnen ist das Verlangen der Finanzbehörde auf Vertreterbestellung nach § 81 Abs. 1 AO in folgenden Fällen denkbar:
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Person eines am konkreten Besteuerungsverfahren Beteiligten (s. § 78 AO) ist unbekannt (§ 81 Abs. 1 Nr. 1 AO). Die Finanzbehörde wird jedoch zuvor von Amts wegen Ermittlungen hinsichtlich der Person anstellen müssen (s. § 88 Abs. 1 Satz 1 AO).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Aufenthalt eines abwesenden Beteiligten am Besteuerungsverfahren (s. § 78 AO) ist unbekannt oder der Beteiligte ist an der Besorgung seiner Angelegenheiten verhindert (§ 81 Abs. 1 Nr. 2 AO). Diese Voraussetzung ist z. B. erfüllt, wenn die von der Finanzbehörde an einen Beteiligten abgesandten Schriftstücke mit dem postalischen Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" zurückkommen und weitere Nachforschungen (z. B. beim Einwohnermeldeamt) erfolglos bleiben.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Beteiligter (s. § 78 AO), der sich im Ausland und zwar auch außerhalb der Europäischen Union und außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums aufhält, ist der vorgesehenen Aufforderung der Finanzbehörde, einen Vertreter zu bestellen, nicht fristgerecht nachgekommen (§ 81 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Aufforderung ist nicht identisch mit derjenigen, einen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen (s. § 123 AO), sie muss sich auf die Bestellung eines Vertreters für alle Verfahrenshandlungen beziehen. Die Aufforderung muss dem Beteiligten zugegangen sein bzw. als zugegangen gelten (regelmäßig Zustellung nach § 10 VwZG). Die gesetzte Frist muss angemessen sein und die voraussichtliche Dauer der Übermittlung berücksichtigen.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Beteiligter ist infolge psychischerKrankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung nicht in der Lage, im Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden (§ 81 Abs. 1 Nr. 4 AO). Ist der Beteiligte noch in der Lage einen Vertreter (Bevollmächtigten) zu bestellen und diesen zu kontrollieren, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Besteuerungsverfahren bezieht sich auf herrenlose Sachen, zur Wahrung der sich in Bezug auf die Sache ergebenden Rechte und Pflichten (§ 81 Abs. 1 Nr. 5 AO). Diese Vorschrift, die im allgemeinen Verwaltungsrecht z. B. auf dem Gebiet des Polizeirechts zum Tragen kommen wird (s. § 16 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG), hat im Steuerrecht kaum praktische Bedeutung.