Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen der Einlegungsbehörde (§ 357 Abs. 2 AO), bei der der Einspruch anzubringen ist und der Einspruchsbehörde (§ 367 Abs. 1 AO), die über den eingelegten Einspruch entscheidet.
I. Grundsätzliche Zuständigkeit nach § 367 Abs. 1 AO
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 367 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AO) oder nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist (§ 367 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AO). Damit kommt dem Einspruch kein Devolutiveffekt zu. Hier zeigt sich der Zweck des Einspruchsverfahrens, den Finanzbehörden eine Selbstkontrolle ihrer eigenen Verwaltungstätigkeit zu ermöglichen. Über den Einspruch gegen eine Steueranmeldung entscheidet die Finanzbehörde, die die Steuer bei Abweichungen festsetzt oder einer Steuerherabsetzung/-vergütung zuzustimmen hat (§§ 167 Abs. 1 Satz 1, 168 Satz 2 AO). Die Vorschrift gilt sinngemäß auch für die Festsetzung des Kindergelds durch die Familienkassen. Über den Einspruch entscheidet die Familienkasse, die den angefochtenen Kindergeldbescheid erlassen hat.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei
Tz. 6
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Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese (§ 367 Abs. 1 Satz 2 AO). Entgegen dem Wortlaut gilt die Vorschrift sinngemäß auch für die Angelegenheiten, in denen es ausnahmsweise nicht um einen Steuerfall geht, sondern in einer anderen Sache über einen Einspruch zu entscheiden ist (Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz. 6). Die Zuständigkeit der Finanzbehörde ändert sich überwiegend durch Wohnsitzwechsel – dies gilt nicht, wenn der neue Wohnsitz des Steuerpflichtigen nicht bekannt ist (FG He v. 26.10.1987, 7 K 363/83, EFG 1988, 60) – oder seltener durch die Verschiebung von Finanzamts – Bezirksgrenzen, Übertragungen von Verwaltungsaufgaben oder durch Änderung gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen (§§ 42c Abs. 2, 46 Abs. 6 EStG a. F. für die Antragsveranlagung eines Arbeitnehmers).
Tz. 7
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Mit dem Zuständigkeitswechsel ist grundsätzlich auch ein Übergang der Entscheidungskompetenz im Einspruchsverfahren auf die neu zuständige Finanzbehörde verbunden. Nach § 367 Abs. 1 Satz 2 2. HS AO bleibt § 26 Abs. 2 AO jedoch unberührt. Die bislang zuständige Behörde kann also das Einspruchsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient. Dafür ist die Zustimmung der nunmehr zuständigen Finanzbehörde erforderlich. Weder die Zustimmung noch ihre Ablehnung ist ein separat anfechtbarer Verwaltungsakt (FG Nds. v. 10.02.1983, XI 536/82, EFG 1983, 530). Der Einspruchsführer kann ein solches Vorgehen lediglich anregen. Generelle Absprachen zwischen den Finanzbehörden oder gemeinsame Verfügungen der OFD – Vorsteher sind nicht zulässig (FG BW v. 23.01.1987, XIII – V 12/86, EFG 1987, 274). Vielmehr ist anhand des Einzelfalls zu entscheiden.
Tz. 8
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Die Fortführung des Einspruchsverfahrens durch die bisher zuständige Behörde ist immer dann angebracht, wenn ein Zuständigkeitswechsel zu Verzögerungen durch erneute Einarbeitung, insbes. bei umfangreichen Sachverhalten, zu unnützer Doppelarbeit oder Erschwernissen für den Einspruchsführer führen würde. Dies gilt vor allem in Anschluss an eine Außenprüfung oder Steuerfahndung.
Tz. 9
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vorläufig frei
II. Besondere Zuständigkeit nach § 367 Abs. 3 AO
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wurde der angefochtene Verwaltungsakt von einer anderen Behörde aufgrund gesetzlicher Vorschriften für die zuständige Finanzbehörde erlassen, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch (§ 367 Abs. 3 Satz 1 AO). Für die zuständige Finanzbehörde handeln die Zolldienststellen für die Verwaltung der USt und KraftSt (§ 18 Satz 1 FVG) sowie Kirchenbehörden für die Verwaltung der KiSt. Die im Auftrag handelnde Behörde kann dem Einspruch jedoch nach § 367 Abs. 3 Satz 2 AO selbst abhelfen. Hat bei der Auftragsprüfung das beauftragte FA die Prüfungsanordnung erlassen, so hat auch dieses über den hiergegen gerichteten Einspruch zu entscheiden. Die Regelung des § 367 Abs. 3 Satz 1 AO ist in diesem Fall nicht anwendbar, da das beauftragte FA nicht aufgrund gesetzlicher Kompetenzzuweisung handelt, sondern auf der Grundlage eines Aktes der Ermessensausübung (§ 195 Satz 2 AO) des zuständigen FA (BFH v. 18.11.2008, VIII R 16/07, BStBl II 2009, 507; Dumke in Schwarz/Pahlke, § 367 AO Rz. 4a; a. A. Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz. 9; Birkenfeld in HHSp, § 367 AO Rz. 644; FG SAnh v. 24.06.2009, 2 K 297/09, EFG 2009, 1714, das die Zuständigkeit für eine Entscheidung über die Prüfungsanordnung beim zuständigen FA sieht, soweit die Beauftragung in Zweifel gezogen wird).