Tz. 48

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 173 Abs. 2 AO können Steuerbescheide abweichend von § 173 Abs. 1 AO, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur geändert oder aufgehoben werden, wenn eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) vorliegt. Trotz der Wörter "können nur" ist dem FA kein Ermessen eingeräumt. Der Ausdruck bezieht sich auf die Voraussetzungen der Änderung oder Aufhebung nach § 173 Abs. 1 AO, die durch § 173 Abs. 2 AO eingeschränkt werden sollen (Loose in Tipke/Kruse, § 173 AO Rz. 104). Im Falle der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung sind die Steuerbescheide bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 AO daher auch aufzuheben, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind. Dies gilt nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen ist, wonach die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlage führt. Die Vorschrift normiert einen besonderen Vertrauensschutz hinsichtlich solcher Bescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind. Sie gilt sowohl für Änderungen zugunsten des Stpfl. als auch für Änderungen zu seinen Ungunsten. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO greift somit auch ein, wenn nach einer Außenprüfung Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen würden (BFH v. 29.01.1987, IV R 96/85, BStBl II 1987, 410; BFH v. 11.12.1997, V R 56/94, BStBl II 1998, 367; h. M. in Literatur). Sinn und Zweck der Vorschrift ist es nämlich, im Interesse des Rechtsfriedens den aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Steuerbescheiden erhöhte Rechtsbeständigkeit zu verleihen.

 

Tz. 49

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Als "Außenprüfung" (§§ 193ff. AO) in diesem Sinne gelten auch die abgekürzte Außenprüfung (§ 203 AO) sowie USt-Sonderprüfungen (BFH v. 15.09.1994, XI B 90/93, BFH/NV 1995, 462; s. aber AEAO zu § 173, Nr. 8.2.3) und LSt-Außenprüfung (BFH v. 17.02.1995, VI R 52/94, BStBl II 1995, 555, BFH v. 24.07.1996, X R 123/94, BFH/NV 1997, 161), nicht aber eine durch die Steuerfahndung vorgenommene umfassende Ermittlung des Sachverhalts (h. M. u. a. BFH v. 16.06.2004, X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502; BFH v. 04.09.2000, I B 17/00, BStBl II 2000, 648; Rüsken in Klein, § 173 AO Rz. 142; von Wedelstädt in Gosch, § 173 AO Rz. 134 m. w. N.; s. AEAO, zu § 173, Nr. 8.4, wenn die Steuerfahndung keine Außenprüfung nach § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO durchführt; s. § 208 AO Rz. 3a). Zum Begriff der Außenprüfung s. § 193 AO Rz. 2 ff., s. § 171 AO Rz. 42 ff.

 

Tz. 50

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Die Änderungssperre besteht nur, soweit der Steuerbescheid oder die ihm gleichstehenden Bescheide aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind. Mit Steuerbescheiden meint § 173 Abs. 2 Satz 1 AO nicht nur Steuerbescheide, die erstmals aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, sondern auch Steuerbescheide, die aufgrund einer Außenprüfung nach §§ 164 Abs. 2, 164 Abs. 2, 172 oder 173 AO geändert worden sind. Das Gleiche gilt für Einspruchsentscheidungen oder Abhilfebescheide, die einen nach einer Außenprüfung erlassenen oder geänderten Bescheid wiederum aufheben oder ändern (BFH v. 29.01.1987, IV R 96/85, BStBl II 1987, 410). Bescheide, die vor Durchführung einer LSt-Außenprüfung ergangen sind, unterliegen nicht der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO (BFH v. 23.12.2005, VI B 83/05, BFH/NV 2006, 705).

 

Tz. 51

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Auch die Aufhebung des Vorbehalts gem. § 164 Abs. 2 Satz 2 AO im Anschluss an die Außenprüfung enthält konkludent eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO, sodass auch insoweit eine Änderungssperre eintritt.

 

Tz. 52

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Hinsichtlich des Anwendungsbereichs des § 173 Abs. 2 AO in Bezug auf die LSt gilt Folgendes: Ist ein Arbeitnehmer nach einer Außenprüfung zur ESt veranlagt worden, so können später aufgrund einer LSt-Außenprüfung beim Arbeitgeber bekannt gewordene Tatsachen, die zu Mehrsteuern führen, nicht mehr mit LSt-Nachforderungsbescheid gegenüber dem Arbeitnehmer festgesetzt werden (BFH v. 15.05.1992, VI R 106/88, BStBl II 1993, 840; BFH v. 17.02.1995, VI R 52/94, BStBl II 1995, 555). Wird im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung der Vorbehalt der Nachprüfung der den Prüfungszeitraum betr. LSt-Anmeldungen aufgehoben, so steht § 173 Abs. 2 AO sowohl dem späteren Erlass eines Pauschalierungsbescheids als auch eines LSt-Haftungsbescheids für einen den Prüfungszeitraum betreffenden Sachverhalt entgegen (BFH v. 15.05.1992, VI R 106/88, BStBl II 1993, 840; BFH v. 06.05.1994, VI R 47/93, BStBl II 1994, 715; BFH v. 17.02.1995, VI R 52/94, BStBl II 1995, 555). Der Haftungsbescheid ändert wegen der besonderen Konstruktion des LSt-Verfahrens die im eigentlichen Sinn eine Haftungsschuld festsetzenden Steuerbescheide ab; für den Pauschalierungsbescheid (Steuerschuldner ist hier der Arbeitgeber, § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG) gilt nichts anderes, schließlich betrifft auch er den Regelungsbereic...

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