I. Allgemeines
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 12 Satz 2 AO zählt in einem nicht abschließenden Katalog Betriebstätten auf und erweitert konstitutiv die Definition der Betriebstätte um Einrichtungen, die nicht notwendigerweise eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage erfordern (BFH v. 28.07.1993, I R 15/93, BStBl II 1994, 148; BFH v. 17.09.2003, I R 12/02, BStBl II 2004, 396 m. w. N.; s. a. Buciek in Gosch, § 12 AO Rz. 6).
II. Geschäftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO)
Tz. 11
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Als Betriebstätte ist die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen. Zum Begriff der Geschäftsleitung s. § 10 AO und die dortigen Erläuterungen.
III. Zweigniederlassung (§ 12 Satz 2 Nr. 2 AO)
Tz. 12
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Zweigniederlassungen sind stets als Betriebstätten anzusehen. Der Begriff ist dem Handelsrecht entnommen (§§ 13ff. HGB). Zweigniederlassung ist ein ausgegliederter rechtlich unselbstständiger Bereich des Unternehmens, von dem aus selbstständige unternehmerische Tätigkeit der gleichen Art entfaltet wird wie von der Hauptniederlassung.
IV. Geschäftsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 3 AO)
Tz. 13
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Geschäftsstellen sind Einrichtungen oder Anlagen, die der Tätigkeit eines Unternehmens dienen, in denen aber nur Teilbereiche der Tätigkeit des Unternehmens, wie teilweise ausgelagerte Bürotätigkeit oder Publikumsverkehr, ausgeübt werden, sodass der Begriff der Zweigniederlassung nicht erfüllt wird.
V. Fabrikations- oder Werkstätten (§ 12 Satz 2 Nr. 4 AO)
Tz. 14
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Fabrikations- oder Werkstätten dienen der Herstellung und Bearbeitung von beweglichen Gegenständen.
VI. Warenlager (§ 12 Satz 2 Nr. 5 AO)
Tz. 15
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Warenlager sind Einrichtungen zur Aufbewahrung und Lagerung von beweglichen Sachen, insbes. von Erzeugnissen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Betriebstätten sind z. B. Lagerplätze und -häuser, Tanklager u. Ä. Voraussetzung ist, dass sie dem Unternehmen unmittelbar i. S. einer eigengewerblichen Tätigkeit dienen und der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende, rechtlich abgesicherte Verfügungsmacht hat (BFH v. 30.06.2005, III R 76/03, BStBl II 2006, 84). Diese Definition gilt auch für Verkaufsstellen i. S. des § 12 Satz 2 Nr. 6 AO.
VII. Ein- oder Verkaufsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO)
Tz. 16
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Ein- oder Verkaufsstellen sind Einrichtungen oder Anlagen, die dem Unternehmen für Ein- und Verkauf von Waren dienen. Erforderlich ist, dass der Unternehmer Verfügungsmacht hat. Dies ist zu verneinen, wenn der Ein- und Verkauf an den Verkaufsstellen durch selbstständige Handelsvertreter durchgeführt wird (BFH v. 13.06.2006, I R 85/05, BStBl II 2007, 94). Es muss zudem eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage vorliegen. Diese Voraussetzung erfüllt ein für die jeweilige Dauer des Marktes zugewiesener Marktstand auf einem Wochenmarkt, der regelmäßig ohne Vorliegen besonderer ordnungsbehördlich relevanter Umstände nicht entzogen werden kann (BFH v. 13.09.2000, X R 174/96, BStBl II 2001, 734 m. w. N.), nicht aber ein Verkaufsstand auf einem Weihnachtsmarkt, der einen geringeren zeitlichen Bezug zur Erdoberfläche hat als ein Marktstand auf einem Wochenmarkt (BFH v. 17.09.2003, I R 12/02, BStBl II 2004, 396).
Ihre Betriebstätteneigenschaft wird sich häufig schon aus § 12 Satz 2 Nr. 2 AO ergeben.
VIII. Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten (§ 12 Satz 2 Nr. 7 AO)
Tz. 17
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Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten sind Betriebstätten, wenn sie der Gewinnung von Bodenschätzen dienen. Darunter fallen auch Stätten der Erkundung von Bodenschätzen (z. B. Versuchsbohrungen), die dann als Betriebstätten anzusehen sind, wenn die Voraussetzungen der Nummer 8 erfüllt sind (AEAO zu § 12, Nr. 3). Nicht darunter fallen Einrichtungen, die nicht der Gewinnung, sondern nur z. B. der wissenschaftlichen Erforschung von Bodenschätzen dienen.
IX. Bauausführungen oder Montagen (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO)
Tz. 18
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Betriebstätten sind Bauausführungen oder Montagen, auch wenn sie örtlich fortschreiten oder schwimmen, wenn die einzelne Bauausführung oder Montage oder mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen länger als sechs Monate dauern. Grundsätzlich beginnt die Frist mit Eintreffen des für die Arbeit erforderlichen Personals und nicht bereits mit der bloßen Anlieferung des Materials und endet mit der letzten Leistung, frühestens mit der Abnahme (BFH v. 21.04.1999, I R 99/97, BStBl I 1999, 694).
1. Bauausführungen
Tz. 19
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Bauausführungen sind Bauarbeiten zur Errichtung von Hoch- und Tiefbauten im weitesten Sinne wie die Errichtung von Häusern, Bahn- und Brückenbauten, Straßenanlagen, Errichtung von Kanalisation usw., also auch Erd- und Abbrucharbeiten (BFH v. 30.10.1956, I B 71/56 U, BStBl III 1957, 8), der Einbau der Heizungsanlage in einen Neubau (BFH v. 27.04.1954, I B 136/53 U, BStBl III 1954, 179), das Einfügen von Fenstern und Türen in einen Neubau (BFH v. 21.10.1981, I R 21/78, BStBl II 1982, 241), oder Gerüstbauarbeiten (BFH v. 22.09.1977, IV R 51/72, BStBl II 1978, 140). Nicht erfasst sind ihre Reparatur und Instandsetzung (BFH v. 27.04.1954, I B 136/53 U, BStBl II 1954, 179) sowie bloße Planungs- und Überwachungstätigkeiten als alleinige vertraglich geschuldete Leistung...