Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Fälligkeit der auf Zahlung gerichteten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ist von der Entstehung dieser Ansprüche (§ 38 AO) zu unterscheiden. Ist gesetzlich nichts anderes bestimmt und wird in einem nach § 254 AO erforderlichen Leistungsgebot durch Einräumung einer Zahlungsfrist kein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO), niemals jedoch vor seiner Entstehung.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Hauptanwendungsfall sind die Säumniszuschläge; zu denken ist aber auch an Erstattungsansprüche, z. B. wegen Doppelzahlung, wegen Zahlung ohne rechtlichen Grund bei Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Festsetzung und an Rückforderungsansprüche, auch soweit sie sich gegen Dritte richten. § 220 Abs. 2 Satz 1 AO findet auch Anwendung, wenn das FA wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch § 87 InsO gehindert ist, seine Steuerforderungen durch Steuerbescheid festzusetzen, und der Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO einstweilen noch nicht möglich ist, weil es bis zum Bestreiten seiner Forderung durch einen dazu Berechtigten an der Erforderlichkeit eines solchen Bescheids fehlt (BFH v. 04.05.2004, VII R 45/03, BStBl II 2004, 815; BFH v. 04.02.2005, VII R 20/04, BFH/NV 2005, 942; BFH v. 31.05.2005, VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 220 Abs. 2 Satz 2 AO tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein, wenn sich der Anspruch aus der Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ergibt. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO ist nicht sinngemäß dahingehend erweiternd auszulegen, dass die Fälligkeit generell erst mit der Titulierung der Forderung des FA einträte (BFH v. 04.05.2004, VII R 45/03, BStBl II 2004, 815). Der Wortlaut ist unglücklich gefasst: Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ergibt sich kraft Tatbestandsverwirklichung aus dem Gesetz (§ 38 AO) und nur dann und insoweit als Steuerzahlungsanspruch aus der Festsetzung, als diese den entstandenen Steueranspruch übersteigt. Auszugehen ist davon, dass alle diejenigen Ansprüche angesprochen sind, die kraft Gesetzes zu ihrer Konkretisierung der Festsetzung bedürfen. Das ist der Fall bei Steuer- und Vergütungsansprüchen (§ 155 Abs. 1 bzw. Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AO), bei Verspätungszuschlägen (§ 152 Abs. 1 AO), Zinsen (§ 239 Abs. 1 i. V. m. § 155 Abs. 1 AO), Zwangsgeldern (§ 333 AO) und bei Haftungsansprüchen (§ 191 AO, beachte aber § 219 Satz 1 AO). Letztere waren von der auf die Festsetzung einer Steuer, einer Steuervergütung oder einer steuerlichen Nebenleistung beschränkten ursprünglichen Fassung des § 220 Abs. 2 Satz 2 AO nicht erfasst (s. BFH v. 14.03.1989, VII R 152/85, BStBl II 1990, 363).