Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Entspricht eine Prozesshandlung nicht den persönlichen, formellen oder inhaltlichen Erfordernissen (Rz. 2 ff.) und verstößt deshalb gegen die Verfahrensvorschriften, so ist sie deshalb nicht unwirksam oder nichtig, sondern lediglich fehlerhaft. Dabei ist zwischen heilbaren und unheilbaren Fehlern zu unterscheiden. So kann die Unzulässigkeit einer Klage geheilt werden, wenn die betreffende Sachurteilsvoraussetzung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt wird (s. Vor FGO Rz. 26). So wird z. B. ein zunächst mangels Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unzulässiges Rechtsmittel rückwirkend fehlerfrei, wenn die eigenhändige Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf der Rechtsmittelschrift rechtzeitig nachgeholt wird (BFH v. 25.04.2005, VIII R 83/04, juris). Ist eine Prozesshandlung nicht innerhalb der für sie vorgesehenen gesetzlichen Frist vorgenommen worden, so kann dieser Fehler bei unverschuldeter Fristversäumnis durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) geheilt werden. Fehler in der Form oder im Inhalt können innerhalb offener Frist durch formgerechte Wiederholung bzw. Inhaltsergänzung geheilt werden (vgl. auch § 65 Abs. 2 FGO). Wenn der Fehler nicht geheilt werden kann, darf das Gericht die fehlerhafte Verfahrenshandlung zwar nicht berücksichtigen, sie muss aber beschieden werden, je nachdem ist eine Klage als unzulässig abzuweisen bzw. ein Rechtsmittel zu verwerfen.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Darüber hinaus dürfen Prozesshandlungen nicht rechtsmissbräuchlich sein. Gelangt das Gericht zur Überzeugung, dass die Prozesshandlung rechtsmissbräuchlich ist, so ist sie als unheilbar fehlerhafte Prozesshandlungen vom Gericht nicht zu berücksichtigen (s. Rz. 6).
Tz. 7a
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Prozesshandlungen während der Unterbrechung oder Aussetzung eines Verfahrens – z. B. infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 240 ZPO) – sind gem. § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 249 Abs. 2 ZPO unwirksam (z. B. BFH v. 17.07.2012, X S 24/12, BFH/NV 2012, 1638; BFH v. 10.05.2013, IX B 145/12, BFH/NV 2013, 1452). Dies gilt auch für das Ruhen des Verfahrens (BFH v. 08.01.2013, V B 23/12, BFH/NV 2013, 748).