Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Als Steuerbescheide gelten auch Bescheide, mit denen die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer ausgesprochen oder ein Antrag auf Steuerfestsetzung abgelehnt wird.
I. Freistellungsbescheid
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein Freistellungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der verbindlich feststellt, dass aufgrund des geprüften Sachverhalts von demjenigen, an den sich der Freistellungsbescheid richtet, keine Steuer geschuldet wird; die Freistellung kann ganz oder teilweise, z. B. für einen bestimmten Besteuerungszeitraum erfolgen (u. a. BFH v. 13.11.1996, I R 152/93, BStBl II 1998, 711). Dazu gehört auch die Aussetzung der Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO (BFH v. 23.01.2013, X R 32/08, BStBl II 2013, 423; Schuster in HHSp, § 155 AO Rz. 26). Er ist ein Steuerbescheid (BFH v. 20.03.2002, I R 38/00, BStBl II 2002, 819; Loose in Tipke/Kruse, Vor § 172 AO Rz. 17: "Steuerbescheid i. w. S."; AEAO zu § 155, Nr. 2). Freistellungsbescheide sind u. a. für die Erstattung der KapErtrSt allgemein (BFH v. 13.11.1985, I R 275/82, BStBl II 1986, 193) sowie i. S. des § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG (BFH v. 20.03.2002, I R 38/00, BStBl II 2002, 819) oder als Grundlage für die Erstattung von Abzugssteuern der Bescheid über das Nichtbestehen beschränkter Steuerpflicht (BFH v. 20.06.1984, I R 283/81, BStBl II 1984, 828) von Bedeutung. Ob es sich bei einem Bescheid, der einen anderen Bescheid aufhebt, um einen Freistellungsbescheid handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbes. der Begründung der Aufhebungsverfügung, ab (BFH v. 23.05.2000, XI B 92/99, BFH/NV 2000, 1075; Schuster in HHSp, § 155 AO Rz. 27). Die genannten Freistellungsbescheide sind von der nachfolgenden tatsächlichen Erstattung der bisher entrichteten Steuer, für die die Freistellungsbescheide den Wegfall des rechtlichen Grundes für die Zahlung (§ 37 Abs. 2 AO) dokumentieren, zu unterscheiden. Zur NV-Verfügung s. Rz. 14.
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Keine Freistellungsbescheide i. S. des § 155 Abs. 1 Satz 3 AO sind Freistellungsbescheinigungen gem. § 48b Abs. 1 Satz 1 EStG, § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG (BFH v. 11.10.2000, I R 34/99, BStBl II 2001, 291) sowie Bescheinigungen nach § 36b Abs. 2 Satz 1 EStG oder § 44a Abs. 2 Nr. 2 EStG (BFH v. 16.10.1991, I R 65/90, BStBl II 1992, 323). Bei ihnen handelt es sich um sonstige Verwaltungsakte.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
I. d. R. fällt auch die Nichtveranlagungsverfügung (NV-Verfügung) nicht unter § 155 Abs. 1 Satz 3 AO. Bei ihr kann es sich um einen amtsinternen Aktenvermerk ohne Mitteilung an den Stpfl. oder um eine Mitteilung ohne Regelungsgehalt handeln, sodass sie keinen Verwaltungsaktcharakter hat. Um einen Freistellungsbescheid (BFH v. 12.05.1989, III R 200/85, BStBl II 1989, 920) oder einen Ablehnungsbescheid i. S. des § 155 Abs. 1 Satz 3 AO handelt es sich dagegen, wenn das FA nach Prüfung der Steuererklärung eine Steuerpflicht verneint und ein Bindungswille des FA erkennbar ist (BFH v. 16.02.1990, VI R 40/86, BStBl II 1990, 565), z. B. durch Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung (BFH v. 22.10.1986, I R 254/83, BFH/NV 1988, 10).
II. Ablehnung des Antrags auf Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 Satz 3 AO)
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auch die Ablehnung eines Antrages auf Steuerfestsetzung ist einem Steuerbescheid gleichgestellt. Der Antrag kann formlos gestellt werden. Die Abgabe einer Steuererklärung ist i. d. R. als ein derartiger Antrag anzusehen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Steuerfestsetzung dargetan ist (BFH v. 12.05.1989, III R 200/85, BStBl II 1989, 920). Besteht kein berechtigtes Interesse, handelt es sich vielmehr bei der Abgabe von Steuererklärungen um die Erfüllung gesetzlicher Pflichten, liegt kein Antrag auf Steuerfestsetzung vor (BFH v. 18.06.1991, VIII R 54/89, BStBl II 1992, 124).