Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rechtsbelehrung muss so beschaffen sein, dass der rechtsunkundige Bürger über seine Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend informiert wird. Nicht erforderlich sind zwar zweckmäßige, aber nicht notwendige Ausführungen, die den Empfänger eher verwirren als dienen (BFH v. 07.02.1977, IV B 62/76, BStBl 1977, 291). So muss nicht über die Form des Einspruchs oder die Fristberechnung informiert werden (BFH v. 28.04.2015, VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074; BFH v. 29.11.2013, X R 2/12, BStBl II 14, 236). Vielmehr führen erläuternde Zusätze zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung, wenn sie irreführend sind und den Beteiligten davon abhalten können, den Einspruch überhaupt einzulegen (BFH v. 12.12.2012, I B 127/12, BFHE 239, 25; BFH v. 01.03.2000, VI R 32/99, BFH/NV 2000, 1083; BVerwG v. 27.02.1981, 6 B 19/81, HFR 1982, 181). Irreführend ist der – unrichtige – Hinweis, dass der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zu begründen ist (BVerwG v. 13.12.1978, 6 C 77/78; BVerwGE 57, 188) und die Mitteilung, dass nicht gleichzeitig ein Rechtsbehelf eingelegt und der Erlass der Abgaben beantragt werden kann, sondern nur eines von beiden (BFH v. 20.12.1957, V 166/56 U, BStBl III 1958, 118).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Belehrung muss den nächsten statthaften Rechtsbehelf angeben. Weiterführende Informationen über sonstige Rechtsschutzmöglichkeiten, insbes. auf das spätere finanzgerichtliche Verfahren, sind nicht notwendig, ebenso wenig wie Belehrungen über die Form, in der der Einspruch eingelegt werden muss (BVerwG v. 27.02.1981, 6 B 19/81, HFR 1982, 181; BVerwG v. 27.02.1976, IV C 74.74, HFR 1976, 478; Brandis in Tipke/Kruse, § 55 FGO Rz. 8; a. A. Keß in Schwarz/Pahlke, § 356 AO Rz. 10). Auf die Möglichkeiten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO), der Sprungklage (§ 45 FGO), der Dienstaufsichtsbeschwerde oder der Verfassungsbeschwerde braucht nicht hingewiesen zu werden.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rechtsbehelfsbelehrung muss die Finanzbehörde bezeichnen, bei der der Einspruch einzulegen ist. Sie hat Angaben der vollen postalischen Anschrift zu enthalten, welche nur dann entbehrlich sind, wenn die Anschrift des Gerichts/der Behörde bekannt ist und die fristwahrende Einspruchseinlegung nicht erschwert wird (BFH v. 20.02.1976, VI R 150/73, BStBl II 1976, 477; BFH v. 27.03.1968, VII R 21–22/67, BStBl II 1968, 535). Es genügt auch, wenn sich die genaue Anschrift aus dem Briefkopf entnehmen lässt (BFH v. 07.12.1994, I B 68/94, BFH/NV 1995, 850). Nicht erforderlich ist ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung durch E-Mail (BFH v. 12.12.2012, I B 127/12, BStBl II 2013, 272; BFH v. 12.10.2012, III B 66/12, BFH/NV 2013, 177). Ist die Einspruchseinlegung bei mehreren Behörden möglich, genügt die Angabe der Finanzbehörde, die den anzufechtenden Verwaltungsakt erlassen hat (BFH v. 07.12.1994, I B 68/94, BFH/NV 1995, 850 m. w. N.).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rechtsbehelfsbelehrung hat die einzuhaltende Frist zu bezeichnen. Dazu gehört die Angabe des Fristbeginns dem Grunde nach und der Fristdauer. Der Fristbeginn muss in verständlicher Form erläutert werden (BFH v. 21.08.1980, IV R 73/80, BStBl II 1981, 70; BFH v. 20.02.2001, IX R 48/98, BFH/NV 2001, 1010). Dazu gehört auch der Hinweis, dass bei Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 AO durch Postübermittlung der dritte Tag dann nicht als Tag der Bekanntgabe gilt, wenn das Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (BFH v. 22.01.1964, VI 94/62 S, BStBl III 1964, 201). Angaben zur Fristberechnung hingegen sind entbehrlich. Dies gilt insbes. für den Hinweis, dass sich die Frist verlängert, wenn deren Ende auf einen gesetzlichen Feiertag fällt (BVerfG v. 27.07.1971, 2 BvR 118/71, NJW 1971, 2217; BFH v. 07.03.2006, X R 18/05, BStBl II 2006, 455). Die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung muss – jedenfalls, wenn sie vor der im Juli 2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ergangen ist – keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer Klageerhebung auf elektronischem Weg enthalten (BFH v. 05.03.2014, VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010).