Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Steuerschuld als Rechtsfolge, die kraft Gesetzes an die Verwirklichung des Steuertatbestandes anknüpft, ist als Begründung einer gewissermaßen abstrakten Verpflichtung zu verstehen, die zu ihrer Geltendmachung noch einer Konkretisierung bedarf (s. § 218 Abs. 1 AO). Dies geschieht entweder im Wege der Steuerfestsetzung (s. § 155 AO) durch das FA oder im Wege der Selbsterrechnung durch den Pflichtigen (Steueranmeldung, s. §§ 150 Abs. 1 Satz 2, 168 AO; z. B. USt, LSt, KapErtrSt u. a.). Näheres regeln die Einzelsteuergesetze. Im ersten Fall spricht man von Veranlagungssteuern, im letzten Fall von Anmeldungs- oder auch Fälligkeitssteuern. Für die Entstehung der Steuerschuld als gesetzlicher Rechtsfolge der Verwirklichung des Steuertatbestandes ist die bescheidmäßige Festsetzung der Steuer durch das FA ebenso bedeutungslos wie die Anmeldung einer selbsterrechneten Steuer beim FA (BFH v. 08.03.2017, II R 31/15, BFHE 257, 353). Jedoch führen diese Vorgänge zu einer Konkretisierung der Steuerschuld im Hinblick auf die verwirklichten Besteuerungsgrundlagen und deren betragsmäßigen Umfang. Darüber hinaus regeln sie – ebenfalls nach näherer Bestimmung im einzelnen Steuergesetz – die Fälligkeit der Steuerschuld, also den Termin, bis zu dem spätestens gezahlt sein muss.
Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entstehung der Steuerschuld ist in verschiedener Hinsicht von Bedeutung. Eine Steuerschuld kann vor dem Zeitpunkt, in dem sie entsteht, weder Gegenstand eines Leistungsgebotes (s. § 254 AO) sein, noch erfüllt (= getilgt) werden, sei es im Wege der Zahlung, sei es durch Aufrechnung (s. § 226 AO). Auch die Fälligkeit der Steuer (s. § 220 AO) tritt regelmäßig erst nach ihrer Entstehung ein (mit dieser nur mangels besonderer Regelung; Ausnahme: § 11 KraftStG, BFH v. 16.11.2004, VII R 62/03, BFH/NV 2005, 409). Die Frist für die Festsetzungsverjährung läuft gem. § 170 Abs. 1 AO grundsätzlich ab dem Ende des Kalenderjahres, in das die Entstehung (bzw. unbedingte Entstehung) der Steuer fällt. Die Gesamtrechtsnachfolge (s. § 45 AO) betrifft nur Steuern, deren Entstehung in die Besitzzeit des Rechtsvorgängers fällt. Soweit sie nicht vor dem Erbfall fällig geworden sind, können sie für den Steuerschuldenabzug bei der ErbSt nicht berücksichtigt werden (s. § 10 Abs. 5 Ziff. 1 ErbStG). Als rückstellungsfähige Passiva im Bereich der Steuern vom Einkommen und Ertrag kommen auch solche betriebliche Steuern in Betracht, die zwar noch nicht fällig, jedoch vor dem Bilanzstichtag entstanden sind.