Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 200 Abs. 2 AO (s. auch § 6 BpO) ist die Außenprüfung in den Geschäftsräumen des Stpfl. durchzuführen; ist ein geeigneter Geschäftsraum vorhanden, darf das FA keinen anderen Ort der Prüfung bestimmen, es hat keinen Ermessenspielraum (BFH v. 11.03.1992, X R 116/92, BFH/NV 1992, 757; Seer in Tipke/Kruse, § 200 AO Rz. 34; von Wedelstädt, DB 1989, 1536). Zu den Geschäftsräumen gehört auch das Arbeitszimmer in der Wohnung. Ist ein geeigneter Geschäftsraum nachweislich nicht vorhanden und kann die Außenprüfung nicht in den Wohnräumen des Stpfl. stattfinden, ist an Amtsstelle zu prüfen; ein anderer Prüfungsort kommt nur ausnahmsweise in Betracht (§ 6 BpO).
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Primat der Geschäftsräume des Stpfl. als Prüfungsort hat seinen Grund darin, dass die Außenprüfung keine reine Buchprüfung, sondern eine Prüfung der gesamten steuerlichen Verhältnisse des Stpfl. ist (§ 194 Abs. 1 Satz 1 AO). Sind die betrieblichen Verhältnisse Gegenstand der Betriebsprüfung, erfordert dies u. a. auch eine Inaugenscheinnahme einzelner Wirtschaftsgüter und des Betriebs, zu deren Durchführung der Betriebsprüfer auch Grundstücke und Betriebsräume besichtigen kann (§ 200 Abs. 3 Satz 2 AO). Außerdem kann es sich als notwendig erweisen, dass der Stpfl. persönlich ggf. neben einer vom Stpfl. benannten Person Auskünfte zu einzelnen Geschäftsvorfällen erteilt oder unter den in § 200 Abs. 2 Satz 3 AO geregelten Voraussetzungen andere Betriebsangehörige um Auskunft ersucht werden (von Wedelstädt, DB 2000, 1356, 1358 m. w. N.). Die Durchführung der Außenprüfung in den Geschäftsräumen verstößt nicht gegen Art. 13 GG (BFH v. 20.10.1988, IV R 104/86, BStBl II 1989, 180; Seer in Tipke/Kruse, § 200 AO Rz. 34; AEAO zu § 200, Nr. 2 Satz 1).
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Fehlen Geschäftsräume, ist in den Wohnräumen des Stpfl. oder an Amtsstelle zu prüfen (AEAO zu § 200, Nr. 2 Satz 5). Benennt der Stpfl. mangels eines geeigneten Geschäftsraums seine Wohnräume, hat das FA ebenfalls keinen Ermessensspielraum, wenn die Wohnräume für die Durchführung der Außenprüfung geeignet sind (BFH v. 10.02.1987, IV B 1/87, BStBl II 1987, 360). Art. 13 GG steht dem nicht entgegen. Die Durchführung der Außenprüfung in den Wohnräumen des Stpfl. gegen seinen Willen ist jedoch nicht zulässig (Seer in Tipke/Kruse, § 200 AO Rz. 35).
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 200 Abs. 2 AO regelt nur, an welchen Orten der Stpfl. die Prüfungsunterlagen vorzulegen verpflichtet ist, d. h. an welchen Orten das FA ggf. die Verwirklichung der Vorlage zwangsweise durchsetzen kann. Das FA muss im Regelfall andere als die in § 200 Abs. 2 AO genannten Orte bei der Prüfungsanordnung nicht in Erwägung ziehen (Seer in Tipke/Kruse, § 200 AO Rz. 36). Die Vorschrift besagt jedoch nichts darüber, ob der Stpfl. beantragen darf, die Unterlagen freiwillig an einem anderen Ort vorzulegen, und ob diesem Antrag entsprochen werden darf oder muss (BFH v. 30.11.1988, I B 73/88, BStBl II 1989, 265).
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Stehen geeignete Geschäftsräume oder Wohnräume nicht zur Verfügung und stellt der Stpfl. den Antrag, die Prüfung nicht an Amtsstelle, sondern an einem anderen Ort, z. B. in den Praxisräumen des Steuerberaters, durchzuführen, hat das FA nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden und dabei die Interessen des Stpfl. gegen die eigenen Interessen abzuwägen hat (BFH v. 10.02.1987, IV B 1/87, BStBl II 1987, 360; BFH v. 30.11.1988, I B 73/88, BStBl II 1989, 265). Auch wenn geeignete Geschäftsräume zur Verfügung stehen, können ausnahmsweise Gründe vorliegen, die es mit Zustimmung oder auf Antrag des Stpfl. gebieten können, die Prüfung an anderen als den in § 200 Abs. 2 AO genannten Orten oder Räumlichkeiten (etwa beim Steuerberater) stattfinden zu lassen. Stellt der Stpfl. einen entsprechenden Antrag, hat das FA darüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden und dabei die Interessen des Stpfl. (nicht seines steuerlichen Beraters) gegen die eigenen Interessen abzuwägen, die auch in einem rationellen Einsatz der Prüfer bestehen können (BFH v. 11.03.1992, X R 116/92, BFH/NV 1992, 757). Bei der Ermessenserwägung ist der Zweck der Außenprüfung, die steuerlichen Verhältnisse bei den in § 193 AO bezeichneten Stpfl. selbst zu ermitteln, zu berücksichtigen, weil die Überprüfung vom "grünen Tisch" regelmäßig keine effektive Kontrolle ermöglicht (s. Rz. 12). Unbequemlichkeiten organisatorischer Art, die mit der nach § 200 Abs. 2 AO bezweckten Aufklärung an Ort und Stelle notwendigerweise verbunden sind, muss der Stpfl. hinnehmen, wenn sie nicht unzumutbar sind. Das Interesse des Stpfl. darf nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn ihm zumindest gleichwertige andere Verwaltungsinteressen entgegenstehen (BFH v. 30.11.1988, I B 73/88, BStBl II 1989, 265; Seer in Tipke/Kruse, § 200 AO Rz. 36; enger AEAO zu § 200, Nr. 2 Satz 6: "wenn schützenswerte Interessen des Stpfl. von besonders großem Gewicht die Interesse...