Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Um der Finanzbehörde den jederzeitigen Zugang zu den Büchern und Aufzeichnungen zu ermöglichen, schreibt § 146 Abs. 2 Satz 1 AO vor, dass Bücher und sonstige erforderliche Aufzeichnungen im Geltungsbereich der AO, nicht aber notwendigerweise am Sitz des Unternehmens zu führen und aufzubewahren sind.
Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Gebot gilt auch für ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen. Eine Ausnahme besteht nach § 146 Abs. 2 Satz 2 AO, soweit nach dem am Ort der Betriebstätte geltenden Recht Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen und diese erfüllt werden. Die Ergebnisse der im Ausland geführten Aufzeichnungen müssen jedoch nach § 146 Abs. 2 Satz 3 AO stets in die inländische Buchführung des Unternehmers übernommen werden, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Die Einkünfteermittlung richtet sich allerdings ausschließlich nach den Vorschriften des deutschen Rechts (BFH v. 16.02.1996, I R 43/95, BStBl II 1997, 128). Daher müssen nach § 146 Abs. 2 Satz 4 AO bei der Übernahme der sich aus den im Ausland geführten Büchern und Aufzeichnungen ergebenden Betriebsergebnisse die entsprechenden Korrekturen vorgenommen und kenntlich gemacht werden (z. B. gewinnmindernd berücksichtigte Verbindlichkeiten gegenüber dem inländischen Unternehmen; nach den ausländischen Bestimmungen zum Abzug zugelassene Betriebsausgaben, wenn sie nach inländischem Steuerrecht nicht oder beschränkt abzugsfähig sind). Die geforderte Kenntlichmachung bezieht sich auf Grund und Betrag der Korrektur und dient der Nachprüfbarkeit durch die Finanzbehörde. Zu Währungsumrechnungen s. BFH v. 13.09.1989, I R 117/87, BStBl II 1990, 57, 59.
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Ausland befindliche Organgesellschaften inländischer Unternehmen sind im Inland nicht buchführungs- und aufzeichnungspflichtig. Für die Übernahme des ausländischen Ergebnisses gelten ebenfalls die Grundsätze des § 146 Abs. 2 Sätze 3 und 4 AO.
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmer gelten die §§ 140ff. AO mit der Folge, dass die Bücher und Aufzeichnungen im Inland zu führen und aufzubewahren sind (Görke in HHSp, § 146 Rz. 56; a. A. s. FG Köln v. 14.10.1981, I (VII) 565/79, EFG 1982, 422, wonach es ausreicht, wenn die Bücher auf Anforderung im Inland vorgelegt werden, s. § 97 AO).
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die strikte Regelung des § 146 Abs. 2 AO erscheint europarechtlich bedenklich (vgl. dazu ausführlich: Droscha/Reimer, DB 2003, 1689; Novacek, DStZ 2004, 611). Alleine die Möglichkeit, Erleichterungen im Einzelfall nach § 148 AO bewilligen zu können, dürfte eine mögliche Europarechtswidrigkeit des § 146 Abs. 2 AO nicht beseitigen, weshalb der Gesetzgeber Ausnahmen in § 146 Abs. 2a AO eröffnet hat.
Tz. 14a
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Zum Verhältnis von § 146 Abs. 2 AO zu §§ 50 Abs. 1 Satz 2, 10d EStG s. Herkenroth/Striegel in HHR, § 50 EStG Rz. 50 und 58.
Tz. 14b
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Soweit § 146 Abs. 2a nunmehr Ausnahmen von der Grundregelung in § 146 Abs. 2 ermöglicht, gelten diese ausschließlich für "elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen". Eine Buchführung in Papierform wird nicht erfasst (Drüen in Tipke/Kruse, § 146 AO Rz. 41); auch müssen die Originalbelege in Papierform im Inland verbleiben (zur Kritik vgl. Drüen in Tipke/Kruse, § 146 AO Rz. 42). Erforderlich ist ein schriftlicher Antrag des Stpfl. und eine entsprechende Genehmigung durch die FinBeh. Die Entscheidung über einen Antrag nach § 146 Abs. 2a stellt einen Verwaltungsakt dar.
Tz. 14c
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Voraussetzungen für die Bewilligung sind neben der Mitteilung des Standortes des Datenverarbeitungssystems (Nr. 1), dass der Stpfl. seinen Verpflichtungen nach §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Abs. 1 und 2 AO ordnungsgemäß nachkommt (Nr. 2). Allerdings dürften nur gravierende Verstöße gegen die Mitwirkungspflichten einen Verstoß gegen § 146 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 AO darstellen (Drüen in Tipke/Kruse, § 146 AO Rz. 46a). Insbesondere ein Streit über den Umfang von Vorlagepflichten (s. § 200 AO) darf für sich alleine keinen Verstoß gegen die "Kooperationsbereitschaftsklausel" begründen, wenn der Stpfl. nach dem Ende des Streits seiner Verpflichtung unverzüglich nachkommt.
Weiterhin muss nach § 146 Abs. 2a Satz 2 Nr. 3 AO der Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO in vollem Umfang möglich sein (dazu s. § 200 AO Rz. 9) und nach § 146 Abs. 2a Satz 2 Nr. 4 AO die (deutsche) Besteuerung (durch die Verlagerung) nicht beeinträchtigt werden (Prognoseentscheidung, vgl. Drüen in Tipke/Kruse, § 146 AO Rz. 46a).
Wegen möglicher Einzelfragen vgl. Warnke, AO-StB 2009, 74.
Tz. 14d
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Regelungen zum Widerruf der Bewilligung und dessen Folgen enthält § 146 Abs. 2a Satz 3.