Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 30
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Schließlich ist Voraussetzung der Zulassung der Revision, dass das Urteil des FG auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Diese Tatbestandsvoraussetzung soll vermeiden, dass es zur Aufhebung von Entscheidungen kommen kann, die zwar mit einem Verfahrensfehler behaftet sind, der aber keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts hatte. Damit der Rechtsschutz nicht verkürzt wird, reicht es aus, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (BFH v. 06.09.2001, X B 47/01, BFH/NV 2002, 350; BFH v. 14.12.2011, V B 21/11, BFH/NV 2012, 602). Die Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel möglicherweise ursächlich für die Entscheidung war, ist nach den Ausführungen im Urteil und der Art des geltend gemachten Verfahrensmangels zu beurteilen. Ist eine Entscheidung auf mehrere Begründungen gestützt, beruht das Urteil nicht auf einem Verfahrensfehler, wenn eine der Begründungen das Urteil ohne Verfahrensmängel trägt (BFH v. 09.12.1987, V B 61/85, BFH/NV 1988, 576; BFH v. 15.12.2011, X B 138/10, BFH/NV 2012, 595).
In den Fällen des § 119 FGO (absolute Revisionsgründe) ist das Urteil stets auf einer Verletzung der dort genannten Verfahrensfehler beruhend anzusehen. Bei diesen Fehlern handelt es sich um so schwerwiegende Verstöße gegen die Grundordnung des Verfahrens, dass sie das gerichtliche Verfahren ohne Rücksicht auf dessen Ausgang als fehlerhaft erscheinen lassen.
Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ist der Verfahrensmangel rechtserheblich, stellt sich die Frage, ob der BFH in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO von einer Zulassung der Revision absehen kann, weil sich die Entscheidung des Gerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt. Dafür sollen Gründe der Prozessökonomie sprechen, da dann ein Revisionsverfahren vermieden wird (BFH v. 27.07.1999, VII B 342/98, BFH/NV 2000, 194; Ruban in Gräber, § 115 FGO Rz. 98). Die Zulassung der Revision kann nicht unter Hinweis auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verweigert werden, wenn es sich um einen absoluten Revisionsgrund nach § 119 FGO handelt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das FG die Klage im Ergebnis zu Recht aus prozessualen Gründen abgewiesen hat (BFH v. 07.07.2017, V B 168/16, BFH/NV 2017, 1445). Sofern andere Verfahrensmängel vorliegen, scheint der Blick auf den möglichen Ausgang eines anschließenden Revisionsverfahrens u. E. nicht frei von Bedenken (so Seer in Tipke/Kruse, § 115 FGO Rz. 117). Dafür spricht schon der Wortlaut des § 126 Abs. 4 FGO, der nur auf die Revision abstellt. Abgesehen davon hätte der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Revisionsrechts die Möglichkeit besessen, die Anwendbarkeit des § 126 Abs. 4 FGO auch für die NZB vorzusehen. Schließlich darf auch der Aspekt der Verfahrensökonomie nicht überbewertet werden, da – anders als zuvor – das NZB-Verfahren nach der Revisionszulassung als Revision fortgeführt wird, es also eines gesondert einzuleitenden Revisionsverfahrens nicht mehr bedarf.