I. Subjektiver Geltungsbereich
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Verweigerungsrechte stehen den Angehörigen eines Beteiligten zu. Sie stellen daher eine Ausnahme von der in § 93 Abs. 1 AO verankerten allgemeinen Auskunftspflicht dar. Wer Angehöriger ist, bestimmt sich nach § 15 AO. Angehörige eines Beteiligten können jedoch die Auskunft und den Eid dann nicht verweigern, wenn die geforderte Auskunft zugleich ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse betrifft, d. h. wenn und soweit sie in Bezug auf die von der Auskunft betroffenen steuerlich relevanten Sachverhalte an dem von diesen geprägten Besteuerungsverfahren selbst Beteiligte (§ 78 AO) sind. Zwar hätte dies bei einer streng am Wortlaut ausgerichteten Auslegung für die Fälle der Zusammenveranlagung, insbes. von Ehegatten/Lebenspartnern, zur Folge, dass den zusammenveranlagten Personen trotz der Angehörigeneigenschaft kein Auskunftsverweigerungsrecht zustünde. Man wird jedoch dem in der Vorschrift dokumentierten Schutz des familiären Vertrauensverhältnisses (auch Seer in Tipke/Kruse, § 101 AO Rz. 9 m. w. N.) den Vorrang vor einer mehr formalistischen Anwendung des Beteiligtenbegriffs geben müssen mit dem Ergebnis, dass in den Fällen der Zusammenveranlagung Auskünfte des einen Ehegatten/Lebenspartners über die Einkünfte des anderen nicht verlangt werden können. Schließlich bleiben Ehegatten/Lebenspartner auch bei Zusammenveranlagung je für sich Steuersubjekte.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Angehörigen eines Beteiligten stehen die Verweigerungsrechte nicht zu, wenn sie die Auskunftspflicht für einen Beteiligten z. B. als dessen gesetzlicher Vertreter, Vermögensverwalter, Verfügungsberechtigter usw. (s. §§ 34, 35 AO) zu erfüllen haben. Kein Auskunftsverweigerungsrecht steht ferner solchen Angehörigen eines Beteiligten zu, die zugleich dessen Rechtsnachfolger und infolgedessen an Stelle des bisherigen Beteiligten nunmehr selbst Beteiligte geworden sind. Auch Beschäftigten öffentlich-rechtlicher Sparkassen steht kein Aussageverweigerungsrecht zu (BFH v. 09.08.1999, VII B 332/98, BFH/NV 2000, 75).
II. Objektiver Geltungsbereich
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Angehörigen des Beteiligten können mit den sich aus Rz. 5 ergebenden Einschränkungen die von der Finanzbehörde geforderten Auskünfte über die steuerlichen Verhältnisse des Beteiligten bzw. die für seine Besteuerung maßgeblichen Sachverhalte ebenso verweigern wie die Beeidigung einer trotz des bestehenden Auskunftsverweigerungsrechts freiwillig erteilten Auskunft (§ 101 Abs. 2 AO). Wegen des Verfahrens der eidlichen Vernehmung und der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte s. § 94 AO.
Gemäß § 104 Abs. 1 schließt das Auskunftsverweigerungsrecht ferner das Recht ein, die Erstattung eines Gutachtens und die Vorlage von Urkunden oder Wertsachen zu verweigern (zur Ausnahme bei Aufbewahrung für den Beteiligten s. § 104 Abs. 2 AO).
Wer von seinem Verweigerungsrecht i. S. des § 101 AO i. V. m. § 104 AO Gebrauch macht, braucht dies nicht weiter zu rechtfertigen; es genügt der Hinweis auf die Angehörigeneigenschaft, die im Zweifelsfalle unter Beweis zu stellen ist. Entsprechend der Regelung in der ZPO (s. § 386 ZPO) reicht die Glaubhaftmachung aus.
Die Vorschrift begründet nur ein Recht, aber keine Pflicht zur Auskunftsverweigerung.
III. Belehrung
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 101 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO sind die Angehörigen über das Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Diese Belehrung verfolgt den Zweck, den Angehörigen über sein Auskunftsverweigerungsrecht zu informieren und ihm zu verdeutlichen, dass seiner besonderen möglichen Konfliktsituation Rechnung getragen wird. Deshalb muss die Belehrung so gefasst sein, dass sie für den Empfänger nicht nur verständlich ist, sondern er auch deren Bedeutung erkennen kann. Nicht erforderlich ist, dass der Vernehmungsgegenstand hinsichtlich Steuerart und VZ genau bezeichnet wird. Allein die Nachfrage, ob Bereitschaft zur Erteilung der Auskunft besteht, reicht für eine ordnungsgemäße Belehrung nicht aus. Die Belehrungspflicht gilt nach § 101 Abs. 2 Satz 2 AO auch hinsichtlich des Eidesverweigerungsrechts; trotz des Fehlens einer ausdrücklichen entsprechenden Bestimmung ist hinsichtlich der in § 104 AO verankerten Verweigerungsrechte ebenso zu verfahren. Zweckmäßigerweise ist die Belehrung nicht in jedem Fall "ins Blaue hinein" zu geben, sondern vorher, erforderlichenfalls durch Befragung, zu erkunden, ob die als Verpflichtete in Anspruch genommene Person Angehörige i. S. des § 15 AO ist. Eine bestimmte Form ist für die Belehrung nicht vorgeschrieben. Sie kann daher auch mündlich erteilt werden. Ihre Form ist auch nicht an die Form des konkreten Auskunftsersuchens gekoppelt (s. § 93 Abs. 2 Satz 2 AO); auch wer schriftlich um Auskunft ersucht wird, kann über seine Verweigerungsrechte mündlich belehrt werden. Da die Belehrung aktenkundig zu machen ist, bedarf es stets zumindest eines Aktenvermerks über die Belehrung, soweit nicht eine schriftliche Belehrung erfolgt ist, sowie ü...