I. Entstehung der Stundungszinsen
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 234 Abs. 1 Satz 1 AO setzt eine gewährte Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis voraus. Unerheblich ist, ob die Stundung auf einer Ermessensentscheidung nach § 222 beruhte oder ob ein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Stundung bestand (BFH v. 16.10.1991, I R 145/90, BStBl II 1992, 321). Die Stundungszinsen entstehen kraft Gesetzes und entfallen nur dann, wenn dies durch eine gesetzliche Sonderregelung angeordnet oder die Festsetzung in das Ermessen des FA gestellt ist oder wenn nach § 234 Abs. 2 AO auf die Zinsen verzichtet wird. Zum Begriff der Stundung s. § 222 AO und die dortigen Erläuterungen. Zahlungsaufschub gem. § 233 AO ist keine Stundung i. S. der Vorschrift, sodass für eine Maßnahme dieser Art eine Verzinsung nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Gewährung von Vollstreckungsaufschub i. S. des § 258 AO.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Dauer der gewährten Stundung ergibt sich aus dem die Stundung aussprechenden (gewährenden) Verwaltungsakt. Es handelt sich um die Zeitspanne, um die das FA die Fälligkeit des Steueranspruchs hinausschiebt. Ohne Bedeutung ist, ob die gestundeten Ansprüche bei Beginn der Stundung schon fällig waren; im Regelfall wird allerdings ab Fälligkeit (ggf. ab einem später liegenden Zeitpunkt) gestundet. Der Zinslauf beginnt am 1. Tag, ab dem die Stundung wirksam wird. Wird die Stundung ab Fälligkeit gewährt, beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der Zahlungsfrist; § 108 Abs. 3 AO findet Anwendung. Auch eine rückwirkende Gewährung der Stundung ist möglich. Dabei wird die Stundung erst mit der Bekanntgabe der Stundungsverfügung wirksam; allerdings beginnt der Zinslauf auch bei rückwirkender Stundung zu dem Zeitpunkt, ab dem die Stundung gewährt wird. Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages, für den die Stundung gewährt worden war. Fällt der der Endtermin auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, endet der Zinslauf erst am nächstfolgenden Werktag (AEAO zu § 234 AO, Nr. 5). Erst an diesem Tag wird die Zahlung fällig (Rüsken in Klein, § 234 AO Rz. 15). Der Zinszeitraum wird nicht dadurch tangiert, dass der Stpfl. den Stundungszeitraum nicht voll ausnutzt, also den gestundeten Anspruch vor dessen Ende erfüllt. Es handelt sich um eine Soll-Verzinsung. Die Regelung erklärt sich daraus, dass die Stundungszinsen bereits bei der Stundung berechnet werden können sollen. Ggf. kann aber auf die Zeit nach Zahlungseingang bereits festgesetzte Zinsen nach § 234 Abs. 2 AO verzichtet werden; s. Rz. 8.
II. Festsetzung der Stundungszinsen
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Stundungszinsen (zur Höhe s. § 238 AO) werden durch Zinsbescheid festgesetzt (s. § 239 AO Rz. 2). Der Zinsbescheid kann mit der Stundungsverfügung äußerlich verbunden werden. Aus § 234 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt sich, dass die Stundungsverfügung Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) für die Festsetzung der Stundungszinsen ist. Wird die Stundungsverfügung nach §§ 130, 131 ganz oder teilweise zurückgenommen oder widerrufen, so ist der Zinsbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO zu ändern bzw. aufzuheben (gl. A. Loose in Tipke/Kruse, § 234 AO Rz. 9; Rüsken in Klein, § 234 AO Rz. 7).
Tz. 6
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Die Änderung oder Aufhebung des Steuerbescheids oder dessen Berichtigung nach § 129 nach Ablauf der Stundung bleibt nach § 234 Abs. 1 Satz 2 AO ohne Einfluss auf die bis dahin entstandenen Zinsen. Für die Zeit während des Laufs der Stundung bewirkt die Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Pflichtigen bzw. seine Aufhebung die entsprechende Änderung der (vorweg)genommenen Zinsfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO (s. BFH v. 20.05.1987, II R 44/84, BStBl II 1988, 229; BFH v. 18.07.1990, I R 165/86, BFH/NV 1991, 212). Denn auch der Steuerbescheid ist Grundlagenbescheid für den Zinsbescheid.
§ 234 Abs. 1 Satz 2 AO spricht nur von der Änderung bzw. Aufhebung des Steuerbescheids sowie seiner Berichtigung nach § 129 AO. Die Möglichkeit einer (völligen oder teilweisen) Rücknahme eines Haftungsbescheids ist offenbar vom Gesetzgeber nicht gesehen worden (s. auch BR-Drs. 612/93, 104). Da damit § 234 Abs. 1 Satz 2 AO nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut keine Anwendung findet, muss auch nach Ablauf der Stundung weiter gelten, dass Zinsen das Bestehen einer Hauptschuld voraussetzen, deren Festsetzung als Grundlagenbescheid i. S. von § 171 Abs. 10 AO anzusehen ist. Der Zinsbescheid ist folglich entsprechend aufzuheben oder zu ändern (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO). Hier gilt die Anpassungssperre also ebenso wenig wie während des Laufs einer gewährten Stundung.
Im Zusammenhang mit der Änderungssperre (§ 234 Abs. 1 Satz 2 AO) ist zu beachten, dass der Zinslauf für bis zur Korrektur verstrichene Ratenstundungszeiträume i. S. des § 234 Abs. 1 Satz 2 AO geendet hatte.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nachforderungszinsen, die für denselben Zeitraum festge...