I. Verstoß gegen die Steuererklärungspflicht
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Voraussetzung für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist, dass derjenige, gegen den der Zuschlag verhängt werden soll, seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung (dazu s. § 149 AO Rz. 4 ff.; vgl. aber die Ausnahme in § 18a Abs. 11 UStG für Zusammenfassende Meldungen) nicht oder nicht fristgemäß nachgekommen ist (§ 152 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Erklärungsfrist ist die gesetzlich bestimmte oder vom FA gewährte Frist. Wegen der Möglichkeit der Fristverlängerung s. § 109 AO. Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 AO kann eine Verlängerung auch nachträglich ausgesprochen werden; geschieht dies und wird die Erklärung innerhalb der verlängerten Frist eingereicht, ist für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags kein Raum. Die Frist ist stets nur dann gewahrt, wenn die Erklärung vor dem Ablauf der Erklärungsfrist bei der zuständigen Finanzbehörde eingeht.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Grundsätzlich ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags gerechtfertigt, wenn eine Erklärung nicht nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck oder trotz entsprechender Verpflichtung nicht elektronisch eingereicht wird (dazu s. § 150 AO Rz. 1 und 1a). Etwas anderes kann im Einzelfall gelten, wenn die Abweichungen gering sind und die Verwertung der Erklärung mit Hilfe der von der Finanzbehörde eingesetzten technischen Hilfsmittel entweder dennoch möglich ist oder die Finanzbehörde die elektronischen Erklärungen tatsächlich nicht maschinell bearbeiten kann. Zweifelhaft ist, ob ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden kann, wenn lediglich eine "vorläufige Steuererklärung" (dazu s. § 150 AO Rz. 5) oder eine unvollständige Steuerklärung abgegeben wird (dazu s. § 150 AO Rz. 1). Wird eine erforderliche Unterschrift nach Aufforderung nachgeholt, liegt erst dann eine wirksame Steuererklärung vor (auch s. § 150 AO Rz. 6 ff.); die Festsetzung eines Verspätungszuschlags dürfte aber in der Regel nicht ermessensgerecht sein (s. auch Brehm, DStZ 1995, 498). Das Fehlen der nach § 150 Abs. 4 AO beizufügenden Unterlagen rechtfertigt keinen Verspätungszuschlag (s. § 150 AO Rz. 9).
II. Verschulden
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ausgeschlossen, wenn das Versäumnis entschuldbar erscheint. Schuldhaft handelt, wer die erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen (und nicht die nach den Verhältnissen eines Durchschnittsbürgers) zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (s. BFH v. 11.12.1991, I R 73/90, BFH/NV 1992, 577, 79 sowie zu Einzelheiten des Verschuldensbegriffs s. § 110 AO Rz. 8 ff.). Lässt der Erklärungspflichtige die Frist zur Abgabe einer Erklärung bewusst verstreichen, handelt er auch dann nicht entschuldbar i. S. des § 152 Abs. 1 AO, wenn er rechtsirrtümlich annahm, ein Verspätungszuschlag werde bei einer zu erwartenden Erstattung nicht festgesetzt (BFH v. 26.04.1989, I R 10/85, BStBl II 1989, 693). Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht gem. § 152 Abs. 1 Satz 3 AO dem eigenen Verschulden gleich. Erfüllungsgehilfe ist eine Person, deren sich der Verpflichtete zur Erfüllung seiner Verpflichtung bedient, d. h. die mit Willen des Verpflichteten rein tatsächlich bei der Erfüllung tätig wird (näher s. § 110 AO Rz. 8, die dortige Auslegung des Begriffs "Vertreter" ist ebenso für das Verständnis des Merkmals "Erfüllungsgehilfe" maßgeblich). Das Verschulden des Erfüllungsgehilfen ist auch dann dem Verpflichteten zuzurechnen, wenn diesem hinsichtlich der Auswahl und Unterrichtung des Erfüllungsgehilfen kein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Dieses Fehlen jeder Exculpationsmöglichkeit hat zur Folge, dass solchen Umständen nur im Zusammenhang mit den für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Gesichtspunkten Rechnung getragen werden kann. Bei zusammenveranlagten Eheleuten wird das Verschulden gegenseitig zugerechnet (BFH v. 27.05.2009, X R 45/08, BFH/NV 2009, 1592; BFH v. 14.06.2000, X R 56/98, BStBl II 2001, 60). Arbeitsüberlastung des Vertreters entschuldigt grds. nicht (BFH v. 29.09.1989, III R 159/86, BFH/NV 1990, 615; s. FG He v. 08.02.1993, 4 K 513/92, EFG 1994, 378; zu Ausnahmefällen s. FG Nds v. 24.01.1978, VI 245/77, EFG 1978, 416; s. FG BW v. 20.06.1996, 14 K 41/92, EFG 1997, 259).
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob ein Verschulden vorliegt, ist Rechts-, nicht Ermessensfrage (BFH v. 20.01.1993, I R 117/91, BFH/NV 1994, 359). Der Verpflichtete hat die ihn entschuldigenden Tatsachen – soweit diese nicht aus den Akten ersichtlich sind – substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen (BFH v. 08.08.1988, V R 19/83, BStBl II 1988, 929; zur Glaubhaftmachung s. § 110 AO Rz. 37).