Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei formell ordnungsmäßiger Buchführung kann die Vermutung der Richtigkeit nur dann ganz oder teilweise widerlegt werden, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist (BFH v. 24.06.1997, VIII R 9/96, BStBl II 1998, 51 m. w. N.); bloße Zweifel genügen nicht, die Beanstandungen der sachlichen Richtigkeit müssen konkret sein. Eine Buchführung ist dann formell ordnungswidrig, wenn sie wesentliche Mängel aufweist oder die Gesamtheit aller unwesentlichen Mängel diesen Schluss fordert (AEAO zu § 158 Satz 6 m. w. N.). Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (BFH v. 24.06.1997, VIII R 9/96, BStBl II 1998, 51). Die Beanstandung der sachlichen Richtigkeit der Buchführung und der Aufzeichnungen kann das FA i. d. R. mit Hilfe unterschiedlicher Methoden und Verprobungen dartun (vgl. dazu Seer in Tipke/Kruse, § 158 AO Rz. 17 ff.). Die größte Beweiskraft ergibt das Ergebnis einer Überprüfung einzelner Geschäftsvorfälle (Einzelprüfung; vgl. u. a. Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 158 AO Rz. 8). Die verschiedenen Verprobungen erbringen unterschiedlich belastbare Nachweise. Mithilfe der Nachkalkulation durch inneren Betriebsvergleich (BFH v. 24.08.2006, V B 36/05, BFH/NV 2007, 69 m. w. N.) oder der Geldverkehrsrechnung (BFH v. 08.09.1994, IV R 6/93, BFH/NV 1995, 573) oder der Vermögenszuwachsrechnung (BFH v. 02.07.1999, V B 83/99, BFH/NV 1999, 1450) oder des Zeitreihenvergleichs (zur eingeschränkten Zulässigkeit BFH v. 25.03.2015, X R 20/13, BStBl II 2015, 743; Pump/Wähnert, NWB 2015, 2869; Nöcker, NWB 2015, 3548), die auf der Grundlage der Unterlagen des Betriebs erfolgen, lassen sich Ergebnisse mit höherer Beweiskraft erzielen als durch eine Verprobung nach Richtsätzen oder durch den äußeren Betriebsvergleich (Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 158 AO Rz. 10). Die Abweichung von Richtsätzen allein rechtfertigt den Schluss sachlicher Unrichtigkeit nicht; vielmehr ist auch bei Unterschreitung des untersten Rohgewinnsatzes (Aufschlagsatz) der vom BMF herausgegebenen Richtsatzsammlung (zuletzt für 2015, BMF v. 28.07.2016, IV A 4 – S 1544/09/10001-08, BStBl I 2016, 781) erforderlich, dass das FA zusätzlich konkrete Hinweise auf die sachliche Unrichtigkeit des Buchführungsergebnisses geben kann oder der Stpfl. selbst Unredlichkeiten zugesteht (BFH v. 18.10.1983, VIII R 190/82, BStBl II 1984, 88). S. außerdem AEAO zu § 158.