Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der BFH als Rechtsmittelgericht hat die Voraussetzungen der Zulässigkeit des Rechtsmittels von Amts wegen zu prüfen (s. § 124 FGO).

I. Statthaftigkeit

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das Rechtsmittel ist statthaft, wenn es gegen die angegriffene Entscheidung überhaupt stattfindet (s. § 124 FGO Rz. 1) und wenn es von einer Person eingelegt wird, die von ihm im konkreten Fall Gebrauch machen darf. In persönlicher Hinsicht beschränkt § 115 Abs. 1 FGO den Personenkreis derjenigen, die zur Einlegung der Revision abstrakt befugt sind, auf die Beteiligten am konkreten Verfahren i. S. des § 57 FGO (BFH v. 20.12.2013, IX R 33/12, BFH/NV 2014, 557), während § 128 Abs. 1 FGO die Beschwerdebefugnis den Beteiligten sowohl wie den sonst von der Entscheidung des FG Betroffenen zuspricht (s. § 128 FGO Rz. 9).

II. Zulassung

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Unterscheidung zwischen Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen (abgesehen von der Rechtzeitigkeit) kommt für den Eintritt der formellen Rechtskraft Bedeutung zu (s. GmSOBG 24.10.1983, GmS-OBG 1/83, HFR 1984, 591).

Soweit ein Rechtsmittel der Zulassung bedarf (für Revisionen s. § 115 Abs. 1 FGO, für Beschwerden gegen Entscheidungen betr. vorläufigen Rechtsschutz (s. § 128 Abs. 3 FGO), ist auch Vorliegen der Zulassung Zulässigkeitsvoraussetzung.

III. Frist, Form, unbedingte Einlegung

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels gehören weiter die Wahrung von Frist und Form sowohl hinsichtlich der Einlegung als auch in Bezug auf eine etwa erforderliche Begründung (§ 120 Abs. 1 FGO, § 129 FGO) sowie selbstverständlich auch die (ausreichende) Begründung, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 120 Abs. 2 FGO).

Des Weiteren ist ein Rechtmittel nur zulässig, wenn es unbedingt und vorbehaltlos eingelegt ist, und zwar wegen der im Prozessrecht erforderlichen Klarheit über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechtsstreits (Eintritt der formellen Rechtskraft). Ob ein Rechtsmittel bedingt eingelegt worden ist, ist eine Frage der Auslegung, der auch Prozesshandlungen grundsätzlich zugänglich sind (BVerfG v. 29.02.1975, 2 BvR 630/73, BStBl II 1976, 271; BFH v. 22.06.1982, VII B 115/81, BStBl II 1982, 603; BFH v. 27.04.2000, VII B 39/00, BFH/NV 2000, 1233). So ist eine hilfsweise für den Fall der Nichtstatthaftigkeit mit der Revision eingelegte NZB unzulässig, da es an der Eindeutigkeit fehlt, ob ein Rechtsstreit anhängig ist oder nicht (BFH v. 27.06.2006, X B 70/06, BFH/NV 2006, 1863). Ebenso ist die Einlegung eines Rechtsmittels unter der Bedingung, dass die gleichzeitig beantragte Prozesskostenhilfe gewährt wird, unzulässig (BVerwG v. 17.01.1980, 5 C 32.79, HFR 1981, 131; BFH v. 25.03.1976, V S 2/76, BStBl II 1976, 386; BFH v. 28.01.1991, V S 9/90, BFH/NV 1991, 764). Eine Wiedereinsetzung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

IV. Kein Rechtsmittelverzicht

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Negative Zulässigkeitsvoraussetzung ist, dass kein Rechtsmittelverzicht vorliegt, der auch im finanzgerichtlichen Verfahren zulässig ist (§§ 566, 514 ZPO i. V. m. § 155 FGO), aber keine praktische Bedeutung hat. Der Verzicht kann gegenüber dem Gericht, aber auch gegenüber den anderen Beteiligten erklärt werden. Auch im Rechtsmittelverfahren ist der Verzicht möglich, wobei im Verfahren vor dem BFH der Vertretungszwang zu beachten ist. Der Verzicht muss eindeutig erklärt werden, es also klar erkennbar sein, dass der Verzichtende mit der Entscheidung einverstanden ist. Schon aus Nachweisgründen empfiehlt sich ein schriftlicher Verzicht oder eine Protokollierung durch das Gericht. Allerdings kann der Verzicht erst nach Erlass der Entscheidung erklärt werden. Der Verzicht ist als Prozesshandlung unwiderruflich und unanfechtbar. Bei Streit über die Wirksamkeit eines Verzichts ist im Rechtsmittelverfahren zu klären, ob der Verzicht wirksam ist.

V. Beschwer

 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gehört weiter das Vorliegen einer Beschwer des Rechtsmittelführers durch die angegriffene Entscheidung des FG. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die angegriffene Entscheidung dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht (voll) entsprochen hat, ihm also weniger gewährt hat, als er beantragt hatte. Materiell beschwert ist ein Beteiligter, wenn die Entscheidung ihrem Inhalt nach für ihn nachteilig ist, wobei es nicht auf etwa in der Vorinstanz gestellte Anträge ankommt.

Hat der Kläger bzw. Antragsteller gegen die auf sein Rechtsschutzbegehren hin ergangene Entscheidung Rechtsmittel eingelegt, so setzt die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels voraus, dass er formell durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Bei einer Klagerücknahme fehlt es an einer Beschwer (BFH v. 23.08.2006, IV B 114/05, BFH/NV 2007, 66; BFH v. 04.04.2008, IV R 91/06, BFH/NV 2008, 1298); ebenso, wenn der Erfolg des Stpfl. im Klageverfahren in nur einem von mehreren Streitpunkten bewirkt, dass die ESt auf 0,– EUR herabgesetzt wird (BFH v. 15.05.2013, X R 27/11, BFH/NV 2013, 1583)....

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?