Tz. 21
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Einer förmlichen Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft, der Einspruch nicht zurückgenommen oder das Verfahren für erledigt erklärt wird. Abhelfen kann sowohl die zuständige Finanzbehörde, als auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde (§ 367 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 AO). Abhilfe erfolgt durch vollumfängliche oder teilweise Stattgabe im Wege des Erlasses eines dem Begehren des Einspruchsführers entsprechenden Verwaltungsakts. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO n. F. stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass die Finanzbehörde einem Einspruch auch ohne ausdrückliche Zustimmung oder Antrag des Steuerpflichtigen abhelfen kann. Das Einspruchsverfahren ist dann in vollem Umfang oder für den abgrenzbaren Teil abgeschlossen, und zwar auch dann, wenn ein Dritter zum Verfahren hinzugezogen worden ist (BFH v. 11.04.1991, V R 40/86, BStBl II 1991, 605). Gegen den Abhilfebescheid ist der Einspruch statthaft und bei Vorliegen einer Beschwer zulässig (BFH v. 18.04.2007, XI R 47/05, BStBl II 2007, 736). Die Anfechtungsklage ist unzulässig, Letztere weil das Vorverfahren nicht erfolglos geblieben ist (§ 44 Abs. 1 FGO). Gleiches gilt für den Teilabhilfebescheid, der das Einspruchsverfahren nur insoweit erledigt, als der abhelfende Verwaltungsakt dem Begehren des Einspruchsführers entspricht. Eine förmliche Einspruchsentscheidung ist in diesem Umfang entbehrlich (Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz. 39; a. A. Dumke in Schwarz/Pahlke, § 367 AO Rz. 48), im Übrigen aber erforderlich. Auch bei Abhilfe ist eine förmliche Einspruchsentscheidung zulässig und z. B. auch geboten, wenn im Falle des § 174 Abs. 4 und 5 AO eine Änderung des Steuerbescheids beim Dritten erfolgen soll, der der Ausgangsänderung nicht zugestimmt hat (§ 174 AO Rz. 71 ff.; von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 126 a. E. m. w. N.).
Tz. 22
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die förmliche Einspruchsentscheidung bewirkt den Abschluss des anhängigen Einspruchsverfahrens. Sie ist nun grundsätzlich nicht mehr anfechtbar. Die Klage ist gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt zu richten, in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat. Ausnahmen ergeben sich für Einspruchsentscheidungen, die eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthalten (BFH v. 04.11.1987, II R 167/81, BStBl II 1988, 377), durch die ein Dritter erstmalig beschwert ist (FG Ha v. 18.10.1968, I 244–248/67, EFG 1969, 84), die erlassen wurden, obwohl kein Einspruch eingelegt wurde (BFH v. 07.09.1995, III R 111/89, BFH/NV 1996, 521) oder obwohl das Einspruchsverfahren durch Rücknahmeerklärung abgeschlossen wurde (BFH v. 04.09.1997, IV R 27/97, BStBl II 1998, 286).
Tz. 23
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 367 Abs. 2a AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 kann die Finanzbehörde vorab über Teile des Einspruchs entscheiden. Die Teil-Einspruchsentscheidung ist mit dem Teilurteil (§ 98 FGO) vergleichbar. Sie ist ihrer Rechtsnatur nach hinsichtlich der durch sie erfassten Streitpunkte eine endgültige formelle Einspruchsentscheidung.
Tz. 24
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob die Finanzbehörde von der Möglichkeit der Teil-Einspruchsentscheidung Gebrauch macht, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die Teil-Einspruchsentscheidung muss der Sache dienlich sein. Daran fehlt es, wenn der Einspruch bereits unzulässig ist. In Betracht kommt die Teil-Einspruchsentscheidung, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist und durch die Teil-Entscheidung des Verfahren gefördert wird, über einen anderen Teil des Einspruchs derzeit aber noch nicht entschieden werden kann, weil etwa die Voraussetzungen für eine Verfahrensaussetzung oder Verfahrensruhe gem. § 363 Abs. 2 AO erfüllt oder noch Ermittlungen zur Sach- und Rechtslage erforderlich sind (AEAO zu § 367, Nr. 6.1 Satz 2). Die Entscheidung kann sich dabei auch nur auf unstreitige Teile eines Bescheids beziehen (BFH v. 14.03.2012, X R 50/09, BStBl II 2012, 536). Sachdienlich ist eine Teileinspruchsentscheidung auch dann, wenn sie nicht allein auf den schnelleren Rechtschutz des Steuerpflichtigen gerichtet ist, sondern der Finanzverwaltung an einer zeitnahen Entscheidung über den entscheidungsreifen Teil eines Einspruchs dient, der ersichtlich nur zu dem Zweck eingelegt wurde die Steuerfestsetzung nicht bestandskräftig werden zu lassen (BFH v. 30.09.2010, III R 39/08, BStBl II 2011, 11). Ebenso, wenn eine Teileinspruchsentscheidung hinsichtlich aller nicht ausdrücklich angegriffenen Bestandteile des Bescheids ergeht (BFH v. 14.03.2012, X R 50/09, BStBl II 2012, 536). Soweit die Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 AO vorliegen, darf eine Entscheidung nicht ergehen.
Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Aus Gründen der Rechtssicherheit hat die Finanzbehörde in der Teil-Einspruchsentscheidung ausdrücklich zu bestimmen, welche Teile des Einspruchs nicht bestandskräftig werden sollen. Die Bestimmung der Reichweite der Entscheid...