I. Mehrere Beteiligte (§ 122 Abs. 6 AO)
Tz. 38
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 122 Abs. 6 AO können zusammengefasste Bescheide, soweit die Beteiligten (§ 78 AO) einverstanden sind, an einen Beteiligten mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte bekannt gegeben werden. Die Vorschrift erfasst alle Steuerverwaltungsakte. Sie findet insbes. Anwendung bei zusammenveranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern, für die wegen Fehlens einer gemeinsamen Anschrift § 122 Abs. 7 AO nicht anwendbar ist (s. § 155 AO Rz. 23; AEAO zu § 122, Nr. 2.1.3). Die Vorschrift gilt nur für die Bekanntgabe i. S. des § 122 AO, nicht für die förmliche Zustellung i. S. des VwZG (Rz. 35, BFH v. 08.06.1995, IV R 104/94, BStBl II 1995, 681). Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann durch fehlerfreie Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geheilt werden (BFH v. 10.12.1992, IV R 136/91, BFH/NV 1993, 577). Nach § 122 Abs. 6, 2. HS AO können die Beteiligten nachträglich eine Abschrift des Bescheids verlangen. Das Verlangen ist an keine Form oder Frist gebunden.
II. Zusammenveranlagte/Eltern mit Kindern (§ 122 Abs. 7 AO)
Tz. 39
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Betrifft ein zusammengefasster schriftlicher Verwaltungsakt Ehegatten oder Lebenspartner oder Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern, so reicht es für die wirksame Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Dies gilt auch bei der Bekanntgabe an den gemeinsamen Bevollmächtigten (BFH v. 21.10.2009, IX R 36/08, juris). Die Vorschrift gilt nicht nur für Steuerbescheide, sondern für alle Arten von Steuerverwaltungsakten, die im Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren ergehen. In erster Linie geht es in der Praxis um die Zusammenveranlagung von Eheleuten/Lebenspartnern zur Einkommensteuer (s. § 155 AO Rz. 23 ff.). Eine Zusammenveranlagung von Eltern und Kindern sah das außer Kraft getretene VStG vor. § 122 Abs. 7 AO gilt nicht, wenn nur ein Ehepartner/Lebenspartner den Einkommensteuerbescheid angefochten hat (BFH v. 17.09.1996, IX B 56/96, BFH/NV 1997, 283) und ist nicht anwendbar auf die förmliche Zustellung (Rz. 35). § 122 Abs. 7 Satz 1 AO setzt die gemeinsame Anschrift der Ehegatten/Lebenspartner voraus. Der Ehegatte/Lebenspartner kann beantragen, dass ihm eine besondere Ausfertigung des Steuerverwaltungsakts bekannt gegeben wird. Bestehen zwischen den Eheleuten/Lebenspartnern ernstliche Meinungsverschiedenheiten und sind diese der Finanzbehörde bekannt, so sind Verwaltungsakte beiden Eheleuten/Lebenspartnern einzeln bekannt zu geben. Dies ist der Fall, wenn keine eheliche oder lebenspartnerschaftliche Lebensgemeinschaft mehr besteht.