Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Säumniszuschläge können als steuerliche Nebenleistungen nicht abweichend nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen festgesetzt werden. Sie können jedoch über die sog. Schonfrist hinaus (s. Rz. 14) Gegenstand eines Billigkeitserlasses gem. § 227 AO sein. Über den Erlassantrag entscheidet das FA durch einen Erlassbescheid, der verfahrensrechtlich selbstständig neben dem Abrechnungsbescheid steht (s. Rz. 24; BFH v. 21.01.2012, II S 9/11, BFH/NV 2012, 709; BFH v. 10.03.2016, III R 2/15, BStBl II 2016, 508). Die Entscheidung über den Erlass steht im Ermessen des FA. Allerdings hat die Rspr. des BFH aus dem Zweck des § 240 AO (s. Rz. 1 ff.) eine Reihe von Grundsätzen entwickelt, die für eigene Ermessenserwägungen im Bereich der sachlichen Unbilligkeit nur noch wenig Raum lassen (s. Heuermann in HHSp, § 240 AO Rz. 101). Grundsätzlich kommt ein Erlass aus persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit in Betracht.
Tz. 26
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Persönliche Billigkeitsgründe liegen vor, wenn die Erhebung der Säumniszuschläge die wirtschaftliche Existenz des Stpfl. ernsthaft gefährden würde.
Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Sachliche Billigkeitsgründe liegen vor, wenn die gesetzgeberische Zielsetzung der Säumniszuschläge durch ihre Erhebung nicht mehr erreicht werden kann. Ein Erlass kommt z. B. in Betracht bei plötzlicher Erkrankung des Stpfl., bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich war (hierzu s. § 227 AO Rz. 7 f.; Erlass der Hälfte der Säumniszuschläge), bei einem Steuerpflichtigen, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch nach § 258 AO bewilligte oder sonst hingenommene Ratenzahlung bis an die äußerste Grenze ausgeschöpft worden ist (Erlass der Hälfte der Säumniszuschläge) oder wenn die Voraussetzungen für einen Erlass der Hauptschuld nach § 227 AO oder für eine zinslose Stundung der Steuerforderung nach § 222 AO im Säumniszeitraum vorliegen. Lagen nur die Voraussetzungen für eine verzinsliche Stundung der Hauptforderung vor, ist die Hälfte der Säumniszuschläge zu erlassen (im Einzelnen s. AEAO zu § 240, Anm. 5). Demgegenüber steht ein voller Erlass der Säumniszuschläge, wenn das Rechtsmittel des Stpfl. gegen die Steuerfestsetzung Erfolg hat, der Stpfl. aber zuvor ohne Erfolg alles getan hatte, eine AdV des Steuerbescheids zu erreichen (BFH v. 18.03.2003, X B 66/02, BFH/NV 2003, 886; BFH v. 20.05.2010, V R 42/08, BStBl II 2010, 955; BFH v. 10.03.2016, III R 2/15, BStBl II 2016, 508; BFH v. 02.03.2017, II B 33/16, BStBl II 2017, 646). Offen ist noch, ob der Stpfl. auch einen Antrag beim FG stellen muss oder eine erfolglose Antragstellung beim FA ausreicht (so FG Köln v. 24.11.2016, 10 K 3370/14, EFG 2017, 363 mit Anm. Bleschick, Rev. XI R 36/16).