Tz. 45
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom EuGH, vom BVerfG oder vom BFH entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können nach der durch das JStG 2007 eingefügten Vorschrift durch Allgemeinverfügung (§ 118 Satz 2 AO) insoweit zurückgewiesen werden. Hierdurch soll unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden werden, indem Änderungsanträge rationell bearbeitet werden (von Wedelstädt, DB 2006, 2715). Darüber hinaus soll die Vorschrift der Herstellung von Rechtsfrieden dienen, da in der Vergangenheit Änderungsanträge nur teilweise bearbeitet worden sind (Sikorski, DStR 2007, 183). Im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG zu gewährenden Rechtschutz scheint die Regelung aber zumindest bedenklich. Zwar wird dem Stpfl. ein "Erstschutz" nicht verwehrt, denn die Möglichkeit des Änderungsantrages ist dem Stpfl. nicht genommen. Wird dieser aber durch eine Allgemeinverfügung zurückgewiesen, so besteht die Gefahr, dass der Stpfl. von dieser Möglichkeit erst nach Verstreichen der Klagefrist (s. Rz. 48) Kenntnis erlangt.
Tz. 46
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 172 Abs. 3 AO betrifft nur Änderungsanträge, die außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens gestellt wurden. Sie dient der Ergänzung des ebenfalls mit dem JStG 2007 eingefügtem § 367 Abs. 2b AO (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 211; dazu z. B. Bartone in Gosch, § 367 AO Rz. 71 ff.).
Tz. 47
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ist nach Klärung einer Rechtsfrage durch höchstrichterliche Entscheidung der Antrag auf Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids unbegründet, können solche anhängigen Anträge durch Allgemeinverfügung zurückgewiesen werden. Werden mit dem Antrag noch andere Begehren verfolgt, so bleibt insoweit der Antrag nach Ablehnung durch die Allgemeinverfügung bestehen und ist insoweit noch zu bescheiden (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 213).
Tz. 48
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Allgemeinverfügung ist im BStBl und auf den Internetseiten des BMF zu veröffentlichen. Als Bekanntgabetag gilt der Tag nach der Herausgabe des BStBl (§ 172 Abs. 3 Satz 2 AO, § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 AO). Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist je nach sachlicher Zuständigkeit das BMF oder die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde. Gegen die Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Jahres Klage erhoben werden (§ 172 Abs. 3 AO i. V. m. § 367 Abs. 2b Satz 5; dazu z. B. Bartone in Gosch, § 367 AO Rz. 89). Ein Einspruch gegen die Allgemeinverfügung ist nach § 348 Nr. 6 AO nicht statthaft.
Tz. 49
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Regelung gilt auch für Aufhebungs- oder Änderungsanträge, die vor dem Tag der Verkündung des JStG 2007 (18.12.2006) gestellt oder eingelegt wurden (Art. 97 § 18a Abs. 12 EGAO).