Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen den Beschluss, mit dem die Rüge als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist kein Rechtsbehelf/Rechtsmittel mehr möglich (§ 133a Abs. 4 Satz 2 FGO: unanfechtbar). Eine erneute Anhörungsrüge gegen den Beschluss ist ebenso ausgeschlossen wie eine außerordentliche Beschwerde (u. a. BFH v. 16.09.2010, IX B 128/10, BFH/NV 2010, 2295; BFH v. 20.06.2013, IX S 12/13, BFH/NV 2013, 1444). Auch gegen die Fortführung des Verfahrens ist kein Rechtsmittel/Rechtsbehelf gegeben. Der Rügegegner kann sich also gegen eine erfolgreiche Anhörungsrüge nicht zur Wehr setzen. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, seine Argumente im fortgesetzten Verfahren geltend zu machen. Eine aufgrund der Rüge geänderte Entscheidung ist ebenfalls unanfechtbar, da sich die Rüge wegen ihrer Subsidiarität nur auf nicht rechtsmittelfähige Entscheidungen bezogen haben kann, deren Änderung also – selbstverständlich – keinen Rechtsmittelzug eröffnen kann. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn aufgrund der Rüge ein Rechtsmittel erst möglich wird, z. B. wenn der BFH auf eine Anhörungsrüge seine Entscheidung über eine NZB ändert.
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Anwendungsbereich der Anhörungsrüge ist eine Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) subsidiär, da die Rüge der speziellere Rechtsbehelf ist, soweit der Beteiligte die Verletzung des Rechts auf Gehör rügt. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, das Bundesverfassungsgericht von Verfassungsbeschwerden zu entlasten. Folglich ist eine Verfassungsbeschwerde, die ohne vorherige Anhörungsrüge erhoben wird, nicht statthaft. Wird die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen, ist der Weg zum BVerfG grundsätzlich wieder eröffnet. Allerdings dürfte eine Verfassungsbeschwerde nur insoweit statthaft sein, wie der Beschwerdeführer durch die Unzulässigkeitsentscheidung wiederum in seinem Recht auf Gehör verletzt ist (so wohl auch Seer in Tipke/Kruse, § 133a FGO Rz. 21). Jedenfalls dürfte eine Verfassungsbeschwerde nicht generell an der Subsidiarität scheitern (Zuck, NVwZ 2005, 739). Sieht das Gericht die Anhörungsrüge als unbegründet an, ist dem Recht auf Gehör durch die Prüfung der Rüge Genüge getan, sodass auch für eine Verfassungsbeschwerde kein Raum mehr ist. Ihr fehlt regelmäßig das Rechtsschutzinteresse. Eine Ausnahme kann nur dann vorliegen, wenn sich das Gericht in willkürlicher Weise über das Anliegen des Rügeführers hinweggesetzt hat; dies dürfte in der Praxis allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegeben sein.
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Subsidiarität greift aber nur in den durch die Anhörungsrüge erfassten Fällen. Werden andere Verfassungsverstöße gegen grundrechtlich geschützte Verfahrensregeln gerügt, bleibt die Verfassungsbeschwerde mangels anderer Rechtsschutzmöglichkeiten statthaft.