Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Streitig ist, ob die Umdeutung selbst, wenn sie nicht durch das Gericht vorgenommen wird (BFH v. 27.09.2006, VIII B 138/04, BFH/NV 2007, 272), als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (so Ratschow in Klein, § 128 AO Rz. 8; Fritsch in Koenig, § 128 AO Rz. 10), oder ob nur das Umgedeutete, d. h. die Regelung, in die der fehlerhafte Verwaltungsakt umgedeutet wird, ein Verwaltungsakt ist (so von Wedelstädt in Gosch, § 128 AO Rz. 15; wohl auch Seer in Tipke/Kruse, § 128 AO Rz. 10; Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 128 AO Rz. 8; Rozek in HHSp, § 128 AO Rz. 15). Für die letztere Auffassung spricht, dass die Umdeutung in dem Umdeutungsbescheid konkretisiert wird und der Steuerpflichtige den Bescheid, in den der fehlerhafte Bescheid umgedeutet wird, mit Einspruch und Klage anfechten kann (von Wedelstädt in Gosch, § 128 AO Rz. 18; Seer in Tipke/Kruse, § 128 AO Rz. 10). Damit die Umdeutung Wirksamkeit erlangt, muss der Verwaltungsakt, der die Umdeutung erklärt, bekannt gegeben werden (§ 124 Abs. 1 AO). Die Umdeutung wirkt ex tunc, d. h. auf den Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes zurück (Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 128 AO Rz. 7; s. a. BFH Urteil v. 22.08.2007, II R 44/05, BStBl II 2009, 754); dies gilt jedoch nur, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt durch die Umdeutung aufrechterhalten wird. Wird ein nichtiger Verwaltungsakt in einen wirksamen Verwaltungsakt umgedeutet, wirkt die Umdeutung zum Zeitpunkt des Erlasses des Umdeutungsbescheides ex nunc, da der Verwaltungsakt vor der Umdeutung keine Wirkung entfaltete (von Wedelstädt in Gosch, § 128 AO Rz. 16). Der Umdeutungsbescheid ist als Verwaltungsakt mit Einspruch und Klage anfechtbar. Jedoch können nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Umdeutung sowie gegen die Rechtmäßigkeit des neuen Verwaltungsakts erhoben werden (Seer in Tipke/Kruse, § 128 AO Rz. 10), nicht jedoch Einwendungen gegen den umgedeuteten ursprünglichen Verwaltungsakt (von Wedelstädt in Gosch, § 128 AO Rz. 18; a. A. Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 128 AO Rz. 8, der davon ausgeht, dass die Umdeutung regelmäßig im Rahmen des Rechtsschutzverfahrens gegen den ursprünglichen Bescheid erfolgt). Die Ablehnung der Umdeutung kann gleichfalls angefochten werden.
Bei einer Umdeutung nach § 128 AO können der Finanzbehörde nach § 137 Satz 2 FGO trotz Obsiegens die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen sein (s. § 137 FGO Rz. 5), wenn der Steuerpflichtige durch den fehlerhaften Verwaltungsakt in den Rechtsstreit gedrängt wurde. Wird der Rechtsstreit für erledig erklärt, ergibt sich dieselbe Kostenfolge aus § 138 Abs. 1 FGO i. V. m. § 137 FGO.