Tz. 72

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Änderung oder Aufhebung eines einem Dritten gegenüber ergangenen Bescheids ist als Folgeänderung nach § 174 Abs. 4 AO nur zulässig, wenn dieser an dem Verfahren um die Ausgangsänderung beteiligt war. Zweck dieser Vorschrift ist die Wahrung der Interessen des Dritten durch die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Ausgangsverfahren. Auch diese Vorschrift dient dem Vertrauensschutz, hier des Dritten. Beruht die Änderung auf § 174 Abs. 3 AO, ist die Beteiligung des Dritten nach § 174 Abs. 5 AO, der nur für die Änderung nach § § 174 Abs. 4 AO gilt, nicht erforderlich (s. Rz. 53). Die Vorschrift gilt gem. § 218 Abs. 3 Satz 2 AO entsprechend, wenn eine Anrechnungsverfügung (z. B. § 36 Abs. 2 EStG) oder ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Satz 1 AO) aufgrund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Stpfl. oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen wird (s. § 218 AO Rz. 19a).

I. Dritter

 

Tz. 73

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Dritter i. S. des § 174 Abs. 5 AO ist, wer im ursprünglichen Bescheid nicht als Steuerschuldner angegeben war (BFH v. 15.06.2004, VIII R 7/02, BStBl II 2004, 914; AEAO zu § 174, Nr. 8.2). Verfahrensrechtlich sind die zusammenveranlagten Ehegatten zwei Steuerschuldner, folglich auch Dritte i. S. des § 174 Abs. 5 AO (BFH v. 20.11.2013, X R 7/11, BFH/NV 2014, 482).

 

Tz. 74

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Eine Personengesellschaft kann im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern ebenso Dritte i. S. d. § 174 Abs. 5 AO sein, wie die Gesellschafter zu der Personengesellschaft. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich der Betriebsteuern, da weder die Gesellschaft noch die Gesellschafter im Steuer- bzw. Steuermessbescheid des jeweils anderen als Steuerschuldner eingetragen sind. Personengesellschaften sind auch im ESt- oder KSt-Verfahren ihrer Gesellschafter Dritte (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 122). Jedoch sind im Gewinnfeststellungsverfahren von Personengesellschaften die Gesellschafter Stpfl. i. S. des § 174 Abs. 4 AO und nicht Dritte i. S. des § 174 Abs. 5 AO (BFH v. 15.06.2004, VIII R 7/02, BStBl II 2004, 914; BFH v. 10.05.2012, IV R 34/09, BStBl II 2013, 471 m. w. N.; AEAO zu § 174, Nr. 8.3).

 

Tz. 74a

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Dritter i. S. des § 174 Abs. 5 AO ist im Verfahren der Organträgerin auch die Organgesellschaft (BFH v. 19.12.2013, V R 5/12, BFH/NV 2014, 1122). Nach Verschmelzung einer Organgesellschaft auf den Organträger ist sie aber nicht mehr Dritte in diesem Sinne (BFH v. 19.12.2013, V R 6/12, BFH/NV 2014, 1126).

 

Tz. 75

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Keine Dritten i. S. des § 174 Abs. 5 AO sind Betriebe gewerblicher Art als Steuerobjekte der KSt-Bescheide gegenüber der Körperschaft des öffentlichen Rechts (BFH v. 28.02.2001, I R 29/99, BFH/NV 2001, 1099).

 

Tz. 76

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Der Gesamtrechtsnachfolger ist im Verhältnis zum Stpfl. nicht Dritter i. S. des § 174 Abs. 5 AO, da er vollständig in die Position des Stpfl. eintritt (FG BW v. 23.02.1994, 5 K 228/93, EFG 1994, 952).

II. Beteiligung des Dritten

 

Tz. 77

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Die Beteiligung des Dritten an dem Verfahren um die Ausgangsänderung ist möglich durch eine Hinzuziehung oder durch eine Beiladung. Eine Beteiligung ist auch anzunehmen, wenn der Dritte durch eigene verfahrensrechtliche Initiative auf die Aufhebung oder Änderung des Bescheids hingewirkt hat (BFH v. 09.04.2003, III B 82/01, BFH/NV 2003, 1142). Eine solche verfahrensrechtliche Initiative muss im eigenen Namen vorgenommen worden sein. Keine Beteiligung in diesem Sinne liegt demnach bei Eigenschaft als Mitgesellschafter oder als Prozessvertreter einer GbR vor (BFH v. 28.04.2003, III B 82/01, BFH/NV 2003, 1142). Die Notwendigkeit der Beiladung entfällt auch dann nicht, wenn die Veranlagung des Dritten bezüglich des strittigen Sachverhaltes nach § 165 AO vorläufig durchgeführt worden war.

 

Tz. 78

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Alleine aus dem Umstand, dass in beiden Verfahren derselbe steuerliche Berater tätig ist, ergibt sich noch keine Beteiligung i. S. des § 174 Abs. 5 AO (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 124).

 

Tz. 79

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Weitere Voraussetzung für die Beteiligung des Dritten ist, dass die Änderung des fehlerhaften Bescheids ihm gegenüber wirksam geworden ist. An einer Beteiligung des Dritten fehlt es deshalb, wenn das Verfahren nicht durch eine Einspruchsentscheidung endet, sondern durch einen Abhilfebescheid ohne Zustimmung des Dritten (kritisch: von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 126).

 

Tz. 80

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Die Beteiligung an dem Verfahren um die Ausgangsänderung muss nach der Rspr. des BFH vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Steuerfestsetzung des Dritten geschehen (BFH v. 02.04.2002, IX B 66/01, BFH/NV 2002, 898). Hat der Dritte durch eigene verfahrensrechtliche Initiative auf die Änderung oder Aufhebung des fehlerhaften Bescheids hingewirkt, kann er auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen w...

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