Tz. 30
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen die Billigkeitsentscheidung und die Ablehnung, eine solche zu erlassen, ist der Einspruch gegeben. Ist sie mit der Steuerfestsetzung verbunden, ist daneben der Einspruch gegen die Steuerfestsetzung gegeben. Auch in diesem Fall handelt es sich bei beiden Einspruchsverfahren um getrennte selbstständige Einspruchsverfahren (AEAO zu § 347, Nr. 4 i. V. m. AEAO zu § 163, Nr. 6). In der Rechtsbehelfsbelehrung muss daher unmissverständlich darauf hingewiesen werden; anderenfalls ist sie unrichtig und setzt die Einspruchsfristen für beide Verwaltungsakte nicht in Gang. Wird im Falle der äußerlichen Verbindung von Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung nur ein Einspruch eingelegt, ist durch Auslegung festzustellen, gegen welche Entscheidung der Einspruch gerichtet ist. Einsprüche gegen die Steuerfestsetzung und gegen die Billigkeitsmaßnahme oder ihre Ablehnung können nebeneinander geführt werden, eine Vorgreiflichkeit des Billigkeitsverfahrens besteht nicht. Die zwangsweise zwei Einspruchsentscheidungen können äußerlich miteinander verbunden werden (Loose in Tipke/Kruse, § 163 AO Rz. 29 m. w. N.).
Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Da es sich bei der Billigkeitsentscheidung um einen Grundlagenbescheid handelt, können Einwendungen gegen sie nicht im Einspruchsverfahren gegen die Steuerfestsetzung, sondern nur im Einspruchsverfahren gegen die Billigkeitsentscheidung geltend gemacht werden (§ 351 Abs. 2 AO).
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung im Verfahren um die Billigkeitsmaßnahme ist die Verpflichtungsklage gegeben. Für die finanzgerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Billigkeitsmaßnahme ist der Zeitpunkt der letzten finanzbehördlichen Entscheidung, d. h. der Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung maßgebend. Nachträglich auftretende oder bekannt werdende Umstände können nur dann im finanzgerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden, wenn die Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung ihrer Pflicht zur einwandfreien und erschöpfenden Sachverhaltsermittlung nicht nachgekommen war (BFH v. 23.11.2000, III R 52/98, BFH/NV 2001, 882 m. w. N.). Anderenfalls können sie ggf. Gegenstand eines neuen Billigkeitsverfahrens sein.
Tz. 33
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im finanzgerichtlichen Verfahren ist die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde durch das FG gem. § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar, es sei denn der Ermessensspielraum ist im konkreten Fall derart eingeengt, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (Ermessensreduzierung auf null: BFH v. 26.10.1994, X R 104/92, BStBl II 1995, 297 m. w. N.; s. Rz. 21); in diesem Fall kann das FG ausnahmsweise eine Verpflichtung aussprechen, eine Billigkeitsmaßnahme zu treffen (s. § 102 FGO Rz. 5; § 101 Satz 1 FGO; BFH v. 16.11.2005, X R 3/04, BStBl II 2006, 155 m. w. N.). Das FA kann bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz seine Ermessenserwägungen ergänzen (§ 102 Satz 2 FGO). Übergangsregelungen (s. Rz. 9) können im Anfechtungsverfahren gegen Steuerbescheide von Gerichten nicht berücksichtigt werden (BFH v. 15.11.2006, X B 11/06, BFH/NV 2007, 209 m. w. N.).
Tz. 34
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Da es sich bei einer ablehnenden Entscheidung nicht um einen vollziehbaren Verwaltungsakt handelt, kommt als einstweiliger Rechtsschutz nur die einstweilige Anordnung i. S. des § 114 FGO in Betracht.