I. Einspruchsverfahren
Tz. 34
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung ist der Einspruch gegeben. Da der Vorbehalt der Nachprüfung als unselbstständige Nebenbestimmung mit dem Steuerbescheid eine Einheit bildet, kann er nicht selbstständig, sondern nur zusammen mit diesem angefochten werden (BFH v. 20.12.2000, III R 17/97, BFH/NV 2001, 914 m. w. N.). Die Prüfung im Einspruchsverfahren ist regelmäßig keine abschließende Prüfung i. S. des § 164 Abs. 1 AO und soll diese nicht ersetzen (h. M.; BFH v. 16.10.1984, VIII R 162/80, BStBl II 1985, 448; Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 55 m. w. N., s. Rz. 8). Daher kann der Vorbehalt der Nachprüfung auch nach einer Änderung des Steuerbescheids im Einspruchsverfahren aufrecht erhalten bleiben (AEAO zu § 367, Nr. 5 Abs. 1 Satz 1). Er bleibt bestehen, wenn er im Änderungsbescheid nicht ausdrücklich aufgehoben wird (AEAO zu § 164, Nr. 6 Satz 2; s. Rz. 26). Zur Nachholung eines bisher nicht verfügten Vorbehalts im Einspruchsverfahren s. Rz. 13.
Tz. 35
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Hebt das FA im Einspruchsverfahren den Vorbehalt auf oder ändert es die Steuerfestsetzung zuungunsten des Stpfl., liegt darin zwar eine Verböserung, eines Hinweises nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO bedarf es jedoch nicht, da § 164 Abs. 2 AO die Änderung zulasten des Stpfl. auch nach einer Rücknahme des Einspruchs ermöglicht (AEAO zu § 367, Nr. 5 Abs. 2 Satz 3; BFH v. 22.03.2006, XI R 24/05, BStBl II 2006, 576 m. w. N.), es sei denn, die Änderungsmöglichkeit besteht nur deshalb, weil die Festsetzungsfrist durch den Einspruch gem. § 171 Abs. 3a AO in ihrem Ablauf gehemmt ist (BFH v. 25.02.2009, IX R 24/08, BStBl II 2009, 587).
Tz. 36
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruch ist ferner gegeben
- gegen die Aufhebung oder Änderung der Vorbehaltsfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO; in diesem Fall sind die Anfechtungsgrenzen des § 351 Abs. 1 AO unbeachtlich (BFH v. 11.03.1999, V B 24/99, BStBl II 1999, 335; Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 61 und § 351 AO Rz. 23 m. w. N.); in diesem Verfahren können Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Vorbehalts der Nachprüfung nicht mehr erhoben werden, da der Vorbehaltsbescheid bestandskräftig ist.
- gegen die Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung oder Änderung der Vorbehaltsfestsetzung; in diesem Fall darf das FA den Steuerbescheid nicht verbösern, weil nicht der Steuerbescheid, sondern nur der die beantragte Änderung ablehnende Bescheid Gegenstand des Einspruchs ist (FG Köln v. 07.10.1994, 1 V 4851/94, EFG 1995, 190).
- gegen die Aufhebung des Vorbehalts, da sie einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt gleichsteht. Der Aufhebungsbescheid eröffnet damit die Anfechtbarkeit der Steuerfestsetzung. Mit dem Einspruch kann sowohl die Aufhebung des Vorbehalts als auch die Steuerfestsetzung als solche (nach Grund und Höhe) angegriffen werden, auch wenn über die Rechtmäßigkeit des Vorbehaltsbescheids zu denselben Streitfragen bereits rechtskräftig entschieden ist (BFH v. 30.06.1997, V B 131/96, BFH/NV 1998, 817). Wird der Vorbehalt der Nachprüfung durch Einspruchsentscheidung aufgehoben, ist dagegen als Rechtsmittel die Klage, nicht dagegen ein erneuter Einspruch zulässig (BFH v. 04.08.1983, IV R 216/82, BStBl II 1984, 85).
II. Klageverfahren
Tz. 37
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ist der Einspruch gegen die Vorbehaltsfestsetzung erfolglos, ist gegen die Vorbehaltsfestsetzung die Anfechtungsklage gegeben (§ 40 Abs. 1 FGO). Eine Anfechtungsklage, mit der allein die Aufhebung des Vorbehalts erstrebt wird, ist unzulässig (BFH v. 30.10.1980, IV R 168 – 170/79, BStBl II 1981, 150). Im Klageverfahren darf sich das FG wegen des Vorbehalts der Nachprüfung nicht auf eine summarische oder kursorische Überprüfung des angefochtenen Steuerbescheids beschränken, weil es damit dem Stpfl. den Rechtsschutz verweigern oder doch zumindest verkürzen würde (BFH v. 07.02.1990, I R 145/87, BStBl II 1990, 1032). Das FG hat daher auch eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgte Steuerfestsetzung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen (BFH v. 10.05.1994, IX R 26/89, BStBl II 1994, 902 m. w. N.; BFH v. 20.12.2000, III R 17/97, BFH/NV 2001, 914; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 565 m. w. N.). Es ist aber nicht Sache des FG, den Fall so zu überprüfen, dass eine abschließende Prüfung durch das FA entfallen kann; es braucht nur im Umfang des Klagebegehrens zu prüfen (Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 58 und § 76 FGO Rz. 35). Das FG kann den angefochtenen Steuerbescheid nicht mit der Begründung aufheben, der Sachverhalt sei nicht hinreichend aufgeklärt. Das FG kann das FA im Falle einer zulässigen Vorbehaltsfestsetzung auch nicht zu einer abschließenden Sachaufklärung zwingen, indem es einen unter Nachprüfungsvorbehalt ergangenen Steuerbescheid mit der Begründung aufhebt, der Sachverhalt sei noch nicht ausreichend geklärt (BFH v. 02.02.1988, IX R 164/84, BFH/NV 1988, 552 m. w. N.; Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 58).
Tz. 38
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wird ...