Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
I. Rücktritt vom Versuch
Schrifttum
Kottke, Verhältnis der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung zum Rücktritt vom Versuch, DStZ 1998, 151;
Spatschek/Bertrand, Rücktritt vom Versuch der Steuerhinterziehung durch Unterlassen als Alternative zur strafbefreienden Selbstanzeige, DStR 2015, 2420.
Tz. 38
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die strafbefreiende Selbstanzeige des § 371 AO lässt den persönlichen Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (s. §§ 24, 31 StGB) unberührt (BGH v. 19.03.1991, 5 StR 516/90, wistra 1991, 223). Im Unterschied zu § 371 AO ist dieser jedoch ausgeschlossen, wenn der strafbare Erfolg eingetreten, also die Steuer verkürzt oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil erlangt ist. Andererseits kommt der Strafaufhebungsgrund des § 24 StGB auch dann noch zum Zuge, wenn der Täter den Eintritt des strafbaren Erfolges noch verhindert oder sich freiwillig und ernsthaft hierum bemüht hat, nachdem bereits ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen war und die Anwendung des § 371 AO aus diesem Grund entfällt. Zu beachten ist ferner, dass § 24 StGB im Unterschied zu § 371 AO keine Offenbarung gegenüber dem FA voraussetzt, sodass eine stillschweigende Wiedergutmachung möglich ist. Der Gehilfe einer Steuerhinterziehung kann die Straffreiheit wegen Rücktritts aber nicht durch bloße Untätigkeit erlangen (BGH v. 25.09.1985, 3 StR 209/85, HFR 1987, 208).
II. Täter-Opfer-Ausgleich
Schrifttum
Franke, Die Rechtsprechung des BGH zum Täter-Opfer-Ausgleich, NStZ 2003, 410;
Schädler, Nicht ohne das Opfer? Der Täter-Opfer-Ausgleich und die Rechtsprechung des BGH, NStZ 2005, 366.
Tz. 39
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 46a StGB kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern (s. § 370 AO Rz. 70) oder ganz von Strafe absehen, wenn der Täter durch Wiedergutmachung des Schadens einen Ausgleich mit dem Verletzten sucht (Nr. 1) oder unter erheblichem persönlichen Verzicht das Opfer ganz oder überwiegend entschädigt (Nr. 2).
Tz. 40
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 46a Nr. 1 StGB zielt vor allem auf die immateriellen Folgen einer Straftat ab. Solche sind zwar auch bei Vermögensdelikten denkbar, doch verlangt die Vorschrift einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer, der auf einen umfassenden Ausgleich der verursachten Folgen gerichtet sein muss. Da Schutzgut der Steuerhinterziehung allein die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs ist (s. § 370 AO Rz. 2), kann § 46a Nr. 1 StGB nicht eingreifen (BGH v. 25.10.2000, 5 StR 399/00, wistra 2001, 22).
Tz. 41
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auch § 46a Nr. 2 StGB ist im Steuerstrafrecht nicht anwendbar. Die Nachzahlung hinterzogener Steuern stellt keine Wiedergutmachung im Sinne des Täter-Opfer-Ausgleichs dar (BayObLG v. 28.02.1996, 4 St RR 33/96, DStR 1996, 667). Der Täter leistet mit der Steuerzahlung nur das, was er ohnehin auch ohne die Straftat hätte tun müssen. Er erbringt kein besonderes Opfer, das ihm sonst nicht auch abverlangt worden wäre. § 46a Nr. 2 StGB verlangt aber einen über die rein rechnerische Kompensation hinausgehenden Beitrag des Täters (BGH v. 25.10.2000, 5 StR 399/00, wistra 2001, 22). Im Schrifttum wird dagegen die Meinung vertreten, § 46a Nr. 2 StGB sei im Steuerstrafrecht dann anwendbar, wenn die Nachzahlung der Steuer für den Täter eine erhebliche persönliche Leistung oder einen persönlichen Verzicht darstelle (BGH v. 20.01.2010, 1 StR 634/09, BFH/NV 2010, 1070: auf Ausnahmefälle beschränkt).