Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Von bedingter Steuerschuld (oder -befreiung) ist hier nicht im Sinne eines rechtstechnischen Mittels die Rede, dessen sich der Gesetzgeber zur Sicherung steuerbegünstigter Zwecke bedient, etwa in Bezug auf Verwendungsarten verbrauchsteuerpflichtiger Waren (s. § 50 AO). Gemeint sind auch nicht die Fälle des § 41 Abs. 1 AO. Im Zusammenhang mit der Entstehung der Steuerschuld als gesetzlicher Folge der Verwirklichung des Steuertatbestandes ist aber zu erörtern, welche Auswirkungen der Bedingungseintritt im Falle von auflösend bedingten Steuertatbeständen für die Steuerschuld nach sich zieht.
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Als Beispiele seien Schenkungen oder Zuwendungen von Todes wegen unter Vorbehalt des Entfalls bei Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände erwähnt oder Liefer- oder Leistungsverträge, Auseinandersetzungsvereinbarungen u. a. m. unter einer Bedingung, bei deren Eintritt das Geschäft in seinen Rechtswirkungen oder wirtschaftlichen Auswirkungen rückwirkend (s. § 159 BGB) wegfallen oder bestimmte Änderungen erfahren soll. Als Folge des Bedingungseintritts und der mit ihm verbundenen Aufhebung oder Änderung des verwirklichten Steuertatbestandes ist davon auszugehen, dass auch die Steuerschuld eine entsprechende Änderung erfährt (s. § 5 Abs. 2 BewG, s. § 7 Abs. 2 BewG). Das betrifft in den genannten Fällen die von dem zunächst verwirklichten Tatbestand ausgelöste Schenkung- oder Erbschaftsteuer, aber auch Steuerschulden jeder anderen Art. Voraussetzung ist, dass es sich um eine schon im Zeitpunkt des Geschäftsvollzuges begründete Bedingung handelt und nicht etwa um eine von den Beteiligten nachträglich vereinbarte Rückbeziehung (BFH v. 30.04.1971, III R 89/70, BStBl II 1971, 670). Für die Aufhebung oder Änderung bereits erfolgter Steuerfestsetzungen gibt § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO eine Handhabe (s. Rz. 18). Unberührt bleiben Sonderbestimmungen einzelner Steuergesetze, wie z. B. § 29 Abs. 1 ErbStG, § 9 VersStG oder § 17 UStG. Für die laufend veranlagten Steuern von Einkommen und Ertrag aufgrund von Bilanzen kommt auch eine Korrektur im Folgezeitraum in Betracht.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Von erheblicher Bedeutung ist die Frage, ob die steuerlichen Folgen einer Geschäftsgestaltung von den Beteiligten durch Vereinbarung von Vorbehaltsklauseln als auflösend bedingte Steuerschulden in der Schwebe gehalten werden können, etwa mit Rücksicht auf nicht ausreichend übersehbare Auswirkungen auf steuerlichem Gebiet. Zu unterscheiden ist hier insbes. zwischen im Voraus getroffenen, eindeutigen Vereinbarungen über eine Rückgewähr nicht anerkannter Leistungen und deren alsbaldigem Vollzug nach Bedingungseintritt einerseits (wirksame Steuerklausel) und der erst nachträglich vereinbarten Rückgängigmachung unerwünschter Steuerfolgen, die steuerrechtlich unbeachtlich ist (BFH v. 04.12.1991, I R 63/90, BStBl II 1992, 362: Ex-nunc-Wirkung der Beseitigung von Unklarheiten), andererseits. Die Vereinbarung, dass ein Geschäft hinfällig sein solle, wenn dem erwarteten Gewinn keine Anerkennung als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zuteilwerde, hat der BFH (BFH v. 24.08.1961, IV 352/59 U, BStBl III 1962, 112) bejaht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beteiligten im Falle des Bedingungseintritts die einschlägigen Folgerungen unverzüglich ziehen, insbes. einander die empfangenen Leistungen zurückgewähren und sich gegenseitig so stellen, wie sie ohne das entfallene Geschäft gestanden haben würden (zur Problematik der Steuerklauseln, s. Balmes, DStZ 1993, 620).