Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 40 Abs. 2 FGO schließt nicht nur die Popularklage aus. Die grds. Beschränkung auf den unmittelbar Betroffenen ("Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, … in seinen Rechten verletzt zu sein") schließt sowohl eine gewillkürte Prozessstandschaft aus (BFH v. 31.03.1981, VIII B 53/80, BStBl II 1981, 696) als auch die Wahrnehmung fremder Rechte. So ist der Zessionar eines Erstattungsanspruchs nicht befugt, einen Verwaltungsakt, aus dem der Erstattungsanspruch folgen soll, anzufechten (BFH v. 21.03.1975, VI R 238/71, BStBl II 1975, 669; BFH v. 25.04.1978, VII R 2/75, BStBl II 1978, 464). Dies gilt auch für Pfändungsgläubiger (z. B. BFH v. 18.08.1998, VII R 114/97, BStBl II 1999, 84). Hebt indessen die Familienkasse festgesetztes Kindergeld auf, das an einen Sozialleistungsträger ausbezahlt wurde, so ist Letzterer klagebefugt (BFH v. 02.01.2001, VI R 181/97, BFH/NV 2001, 863). Es ist durch § 40 Abs. 2 FGO nicht ausgeschlossen, dass der Insolvenzverwalter als "Beteiligter kraft Amtes" einen Finanzgerichtsprozess des Schuldners nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften aufnimmt und in eigenem Namen fortführt (Bartone, AO-StB 2004, 142; Bartone, AO-StB 2007, 49). Demgegenüber ist der Testamentsvollstrecker im Finanzprozess nicht ohne Weiteres klagebefugt (z. B. BFH v. 29.11.1995, X B 328/94, BStBl II 1996, 322); klagebefugt ist er ausnahmsweise dann, wenn das FA ihm gegenüber Steuerschulden entsprechend § 2213 BGB geltend macht (BFH v. 16.07.2003, X R 37/99, BB 2003, 2498). Zur formellen Klagebefugnis von Personen, die zum Verfahren hinzugezogen worden sind, vgl. § 360 Abs. 4 AO (s. § 360 AO Rz. 25). Entsprechendes gilt für den Beigeladenen (s. § 60 FGO Rz. 6). Bei Erhebung der KapErtrSt kann sich der Vergütungsgläubiger im Wege der sog. Drittanfechtung gegen die Steueranmeldung (§ 45a EStG) wenden, obwohl sich die damit verbundene Steuerfestsetzung gegen den Vergütungsschuldner als Entrichtungspflichtigen (vgl. § 33 Abs. 1 AO) richtet. Im Rahmen der Klage des Vergütungsschuldners kann die Steuerfestsetzung aber darauf überprüft werden, ob der Vergütungsschuldner die Steueranmeldung vornehmen durfte (BFH v. 12.12.2012, I R 27/12, BFH/NV 2013, 916; BFH v. 19.07.2017, I R 96/15, BFH/NV 2018, 237).
Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für die Klagebefugnis von Ehegatten gilt folgendes: Ehegatten sind auch im Fall der Zusammenveranlagung (§§ 26, 26b EStG) jeder für sich klagebefugt (z. B. BFH v. 20.05.1992, III B 110/91, BStBl II 1992, 916; auch Levedag in Gräber, § 40 FGO Rz. 128). Eine notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) ist jedoch nur dann gegeben, wenn ein Ehegatte die nachträgliche Änderung der Veranlagungsart begehrt (BFH v. 20.05.1992, III B 110/91, BStBl II 1992, 916). Der keiner kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehörige Ehemann einer kirchenangehörigen Frau ist grds. nicht durch den gegenüber seiner Ehefrau ergangenen KiSt-Bescheid beschwert (BFH v. 27.09.1996, I B 22/96, BFH/NV 1997, 311). Die Ablehnung eines Erlassantrages gegenüber der Ehefrau beeinträchtigt den Ehemann zwar wirtschaftlich, rechtfertigt aber nicht dessen Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO (BFH v. 11.10.1995, II S 13/95, BFH/NV 1996, 254).
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Kläger muss sein Rechtsschutzinteresse schlüssig vorbringen. Er hat präzise Behauptungen aufzustellen, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, dass eine Verletzung seiner eigenen Rechte vorliege (BFH 04.04.1984, I R 269/81, BStBl II 1984, 563). Ein etwaiger wirtschaftlicher Nachteil oder ein lediglich wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Prozesses genügt nicht, sondern es muss eine rechtliche Betroffenheit gegeben sein (BFH v. 05.01.2012, III B 42/11, BFH/NV 2012, 978; BFH v. 05.01.2012, III B 42/11, BFH/NV 2012, 978; BFH v. 06.12.2016, III B 25/16, BFH/NV 2017, 469). Erweist sich im Prozess, dass eine Rechtsverletzung tatsächlich nicht vorliegt, so wird die (zulässige) Klage ganz oder teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Geltendmachung einer Rechtsverletzung beinhaltet bei der Anfechtung von Ermessensentscheidungen die schlüssige Darlegung, dass die Entscheidung der Verwaltung anders ausgefallen wäre, falls die Finanzbehörde rechtmäßig gehandelt hätte (so in Bezug auf die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs BFH v. 06.12.1978, VII R 98/77, BStBl II 1979, 170). Wer allerdings nicht Beteiligter sein kann, ist auch nicht klagebefugt (zur atypisch stillen Gesellschaft BFH v. 11.01.2001, VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578).
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für die Klagebefugnis bei Steuerbescheiden gilt: Eine Rechtsverletzung i. S. von § 40 Abs. 2 FGO kann grds. nur wegen einer zu hohen Steuerfestsetzung geltend gemacht werden kann. Eine Rechtsverletzung durch einen Steuerverwaltungsakt ist aufgrund des Entscheidungssatzes (Tenors) zu beurteilen, d. h. ob der Verwaltungsakt den Kläger durch seinen Ausspruch (Steuerfestsetzung) in seinen Rechten verletzt (z. B. BFH ...