Tz. 19

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Entscheidung des Gerichts bei Erledigung der Hauptsache beschränkt sich auf den Kostenpunkt. Zuständig ist das mit der Sache befasste Gericht. Eine Erledigungserklärung im Rechtsmittelverfahren vor dem BFH kann sich auf das Rechtsmittel oder den Rechtsstreit insgesamt beziehen (BFH v. 19.01.2011, X B 14/10, BFH/NV 2011, 759). Daher muss das Gericht dies aufklären. Beschränken die Beteiligten die Erledigungserklärung auf das Rechtsmittelverfahren als solches, erlangt das erstinstanzliche Urteil Rechtskraft und die Kostenentscheidung beschränkt sich – entsprechend § 138 Abs. 1 FGO – auf das Rechtsmittel, während es im Übrigen bei der Kostenentscheidung des FG verbleibt. Wird demgegenüber der Rechtsstreit im Revisionsverfahren insgesamt für erledigt erklärt, wird das angefochtene FG-Urteil einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos; der BFH entscheidet dann über die Kosten des gesamten Verfahrens und hat im Rahmen des § 138 Abs. 1 FGO zu prüfen, wie der Rechtsstreit mutmaßlich ausgegangen wäre, weil aus der Hauptsachenerledigung auch die Wirkungslosigkeit des angefochtenen Urteils im Kostenpunkt folgt (z. B. BFH v. 06.12.2013, III R 2/12, BFH/NV 2014, 549; BFH v. 08.01.2014, VII R 38/12, BFH/NV 2014, 562). Ist nur ein Teil des Streitstoffes in das Revisionsverfahren gelangt und erledigt sich dieser Teil während des Revisionsverfahrens, so umfasst der Kostenbeschluss auch die Kosten der Vorinstanz, soweit sie auf den erledigten Teil entfallen (BFH v. 11.04.2008, VIII R 43/07, juris). Erledigt sich die Hauptsache eines Zwischenstreits in der Revision, so bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits wie bei einer Entscheidung über die gegen das Zwischenurteil eingelegte Revision (s. § 97 FGO Rz. 3) der Endentscheidung des FG vorbehalten (BFH v. 14.05.1976, III R 22/74, BStBl II 1976, 545).

 

Tz. 20

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei Erledigung durch außergerichtliche Regelung ist davon auszugehen, dass der Ausgang des Prozesses dieser Regelung in etwa entsprochen haben würde (§ 138 Abs. 1 FGO); ist die Erledigung in anderer Weise eingetreten, muss eine summarische Sachprüfung stattfinden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Rechtsstreites im Falle seiner Nichterledigung zugrunde zu legen (BFH v. 19.12.2006, X B 192/03, BFH/NV 2007, 497; BFH v. 19.11.2008, VI R 80/06, BStBl II 2009, 547). Dabei ist insbesondere § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO anwendbar (BFH v. 18.03.2013, III R 5/09, BFH/NV 2013, 933; Ratschow in Gräber, § 138 FGO Rz. 48). Bei der Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache ist der Vereinfachungszweck des § 138 Abs. 1 FGO zu berücksichtigen (BFH v. 21.02.1968, I B 56/67, BStBl II 1968, 414). Das Gericht braucht weder schwierigen Rechtsfragen nachzugehen noch bei sachlichen Fragen weitere Beweise zu erheben (z. B. BFH v. 27.03.2012, VIII B 176/11, BFH/NV 2012, 1163; BFH v. 29.08.2012, X R 5/12, BFH/NV 2013, 53). Es wäre mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit, der in § 138 FGO zum Ausdruck kommt, nicht vereinbar, das Verfahren nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hinsichtlich der Kostenfrage fortzusetzen und Beweise zu erheben, um den hypothetischen Ausgang des Verfahrens (!) festzustellen (BFH v. 20.02.2008, VI B 25/07, juris). § 138 Abs. 1 FGO räumt dem Gericht einen erheblichen Spielraum ein. Es kann unter einer Mehrzahl möglicher Verhaltensweisen wählen. Der Entscheidung nach billigem Ermessen sind Elemente des Wertens, Abwägens und Vergleichens immanent (BFH v. 10.11.1971, I B 14/70, BStBl II 1972, 222; auch BFH v. 18.09.1974, BStBl II 1975, 41). Es entspricht daher billigem Ermessen, bei einer Hauptsachenerledigung durch eine Rechtsänderung zuungunsten eines Beteiligten, diesem die Verfahrenskosten aufzuerlegen, auch wenn sie ohne die Rechtsänderung obsiegt hätte, weil bei Prozessfortsetzung dieser Beteiligte ebenfalls unterlegen wäre (BFH v. 31.08.1976, VII R 20/74, BStBl II 1976, 686). Bei einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache aufgrund übereinstimmender Erklärungen der Beteiligten können dem FA die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, wenn es einen wegen Vorliegen von Musterverfahren sachgemäßen Antrag des Klägers auf Ruhen des Verfahrens ablehnt; die volle Kostenlast kann in einem solchen Fall auch dann billigem Ermessen entsprechen, wenn das BVerfG eine verfassungswidrige Norm weiterhin für anwendbar erklärt hat und der Kläger deshalb nicht obsiegen kann (BFH v. 29.04.2003, VI R 140/90, BStBl II 2003, 719; BFH v. 27.10.2005, VI R 291/94, BFH/NV 2006, 343).

 

Tz. 21

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei einer teilweisen Hauptsachenerledigung (s. Rz. 5) beruht die Kostenentscheidung hinsichtlich des nichterledigten Teils auf § 135 Abs. 2 FGO, hinsichtlich des erledigten Teils – je nachdem – auf § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 FGO (vgl. z. B. 22.06.2012, IX B 123/11, BFH/NV 2012, 1619).

 

Tz. 21a

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein Rechtsstreit kann sich insgesamt dadurch erledi...

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