Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Ablehnung oder Unterlassung eines vom Kläger beantragten Verwaltungsaktes ist rechtswidrig, wenn der Kläger entweder einen materiellen Rechtsanspruch auf die Vornahme eines bestimmten Verwaltungsaktes hat oder ihm ein formeller Anspruch darauf zusteht, dass über seinen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes aufgrund fehlerfreier Ermessensübung entschieden wird.
Ersteres trifft in der Regel für solche Verwaltungsakte zu, welche die Regelung von Zahlungsansprüchen zum Gegenstand haben, sei es, dass diese kraft Gesetzes entstanden sind (wie im Falle von Steuerbescheiden und zumeist auch von Erstattungs- oder Vergütungsbescheiden), sei es, dass sie aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch konstitutiven Verwaltungsakt begründet worden sind; ferner für Verwaltungsakte anderer Art, deren Vornahme bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gesetzlich vorgeschrieben ist, wie z. B. die Eintragung eines steuerfreien Betrages in der LSt-Karte oder die Änderung/Aufhebung eines Verwaltungsakts.
Letzteres gilt hauptsächlich für alle diejenigen – insbes. begünstigenden – Verwaltungsakte, zu deren Vornahme die Finanzbehörde bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gesetzlich ermächtigt ist (Ermessensentscheidungen, § 5 AO). Beispiele: Billigkeitsmaßnahmen gem. den §§ 163, 227 AO, Zustimmung zu einer Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG), Gestattung einer Buchführungserleichterung (§ 148 AO; § 22 Abs. 4 UStG).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rechtswidrigkeit der Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes muss, wenn es zur Verurteilung der Behörde zur Vornahme eines gebundenen Verwaltungsaktes kommen soll, noch im Zeitpunkt der letztinstanzlichen gerichtlichen Sachentscheidung bestehen. Die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage muss den geltend gemachten Anspruch noch tragen. Folglich kann der Anspruch durch nachträgliche Rechtsänderung entfallen. Es ist aber auch denkbar, dass die Anspruchsvoraussetzungen erst während des Prozesses erfüllt sind. Soweit die Vornahme eines Verwaltungsakts, dessen Erlass im Ermessen der Finanzbehörde steht, abgelehnt wurde, kommt es grds. auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an; allerdings kann die Finanzbehörde nach § 102 Satz FGO ihrer Ermessenerwägungen noch bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen (s. § 102 FGO Rz. 4).