Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Revision ist nur zulässig, wenn sie zugelassen ist. Die Zulassung der Revision kann – wie sich aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig ergibt – "nur" auf die in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Gründe (s. Rz. 9) gestützt werden. Ob die Revision zugelassen wird entscheidet primär das FG. Es befindet über die Zulassung der Revision im Klageverfahren durch eine prozessuale, in der Streitsache neutrale Nebenentscheidung, die ihrerseits nicht gesondert angefochten werden kann. Eines auf die Zulassung der Revision gerichteten Antrags der Beteiligten bedarf es nicht; die Entscheidung erfolgt von Amts wegen. Allerdings ist es nicht unzulässig, sondern manchmal zweckmäßig und üblich, die Revisionszulassung anzuregen. Die Zulassung der Revision muss ausdrücklich ausgesprochen sein (st. Rspr., u. a. BFH v. 26.09.2007, X R 23/07, BFH/NV 2007, 2333 m. w. N.; inzidenter BFH v. 05.06.2013, XI B 116/12, BFH/NV 2013, 1640). Aus Gründen der Klarheit sollte die Zulassung der Revision im Tenor ausgesprochen werden; der Ausspruch kann aber auch in den Urteilsgründen erfolgen. Hingegen reicht der (irrtümliche) Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung, es sei die Revision zugelassen, als Revisionszulassung nicht aus (BFH v. 24.01.2008, XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606). Hat das FG also weder im Tenor noch in den Gründen seines Urteils über die Revisionszulassung entschieden, so ist die Revision nicht zugelassen (BFH v. 16.04.1986, I R 197/85, BFH/NV 1987, 386; BFH v. 21.03.1995, VIII R 7/95, BFH/NV 1995, 995). Legt das FG eine bei ihm entgegen den verfahrensrechtlichen Vorgaben eingelegte (s. § 120 FGO Rz. 2). Revision dem BFH vor, liegt darin keine Zulassung (BFH v. 28.07.1977, IV R 122/76, BStBl 1977, 819).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Nachholung der Revisionszulassung ist nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn im Klageverfahren die Zulassung der Revision "beantragt" wurde, da das Fehlen einer Entscheidung darüber nicht im Wege der Urteilsergänzung entsprechend § 109 FGO korrigiert werden (BFH v. 28.04.1970, VII R 88/68, BStBl II 1970, 573), weil es sich nicht um eine vom Antrag der Beteiligten abhängige Entscheidung handelt und zudem mit der NZB ein spezielles Rechtsmittel für die Fälle der Nichtzulassung der Revision vorhanden ist. Auch eine nachträgliche Zulassung, z. B. während eines NZB-Verfahrens, durch nachträglichen Beschluss reicht nicht aus (BFH v. 24.09.1971, VI R 24/71, BStBl II 1971, 811; BFH v. 26.03.1985, VII B 8/85, BFH/NV 1986, 106). Nur in seltenen Ausnahmefällen kann das Fehlen der Revisionszulassung im Urteil eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von § 107 FGO sein, wenn das Gericht die Revisionszulassung beschlossen hat, aber die Übernahme in das Urteil fehlt. Die Offenbarkeit wird sich dabei allerdings nur dann feststellen lassen, wenn die Zulassung, z. B. im Verkündungsprotokoll, festgehalten ist. Die Erinnerung der Richter, die Revision zugelassen zu haben, ist nicht offenbar.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die Zulassung (Nichtzulassung) der Revision im Urteil bedarf keiner Begründung (st. Rspr., u. a. BFH v. 10.10.2002, I B 147/01, BFH/NV 2003, 197; BFH v. 05.06.2013, XI B 116/12, BFH/NV 2013, 1640), kann aber hilfreich sein, um den BFH auf die Gründe aufmerksam zu machen, die das FG zur Zulassung veranlasst haben. Ein bloß formelhafter Hinweis auf die Norm, auf die die Zulassung gestützt ist, ist zwar unschädlich, aber für den BFH und die Beteiligten wenig informativ.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Zulassung hat die Statthaftigkeit des Rechtsmittels zur Folge (Grundsatz der Vollrevision). Mag auch die Bedeutung eines von mehreren Streitpunkten Anlass für die Zulassung gewesen sein, so ergreift die Zulassung doch die Streitsache insgesamt. Eine Revision ist daher auch dann statthaft, wenn der Beteiligte hinsichtlich des Streitpunktes, der die Revisionszulassung ausgelöst hat, beim FG obsiegte und er die Revision nun auf andere Streitpunkte stützt, die zu einem (teilweisen) Unterliegen geführt haben. Desgleichen wird eine ausgesprochene Zulassung der Revision nicht deshalb unwirksam, weil z. B. die vom FG nach seinem Erkenntnisstand angenommene Divergenz in Wahrheit schon im Zeitpunkt der Revisionszulassung wegen noch nicht bekannt gewordener Rechtsprechungsänderung nicht (mehr) vorliegt. Die Beschränkung der Zulassung der Revision auf einzelne Rechtsfragen ist nicht zulässig (st. Rspr., u. a. BFH v. 28.08.1990, VI R 157/89, BStBl II 1991, 86, BFH v. 25.01.2006, I R 58/04, BStBl II 2006, 707); die Zulassung ist in solchen Fällen als unbeschränkte Zulassung zu werten. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall der objektiven oder subjektiven Klagehäufung. Insoweit kann die Zulassung der Revision auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden (BFH v. 27.06.1985, I B 23/85, BStBl II 1985, 605); ist sie das nicht, ist die Zulassung unbeschränkt (s. auch BFH v. 03.12.1992, V R 85/89, BFH/NV 1993, 758). Da...