Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 33 Abs. 2 FGO enthält eine Legaldefinition des finanzprozessualen Begriffs "Abgabenangelegenheiten". Abgabenangelegenheiten in diesem Sinne sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängende Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Steuern, einschließlich Steuervergütungen (wozu auch das Kindergeld gem. §§ 62ff. EStG und Ein-/Ausfuhrabgaben i. S. von Art. 5 Nr. 21, 21 UZK gehören). Zu den öffentlichen Abgaben zählen neben den Steuern insbes. auch Beiträge, Gebühren und Sonderabgaben (hierzu z. B. Bartone, Jura 1997, 322 m. w. N.). Diese werden aber regelmäßig nicht von Finanzbehörden i. S. des FVG verwaltet, sodass insoweit nicht der Finanzrechtsweg gegeben ist (Seer in Tipke/Kruse, § 33 FGO Rz. 13). Das einzige derzeit noch bestehende Finanzmonopol ist das Branntweinmonopol, das gem. Art. 108 Abs. 1 Satz 1 GG durch die Bundesfinanzbehörden (§ 1 FVG) verwaltet wird; auch hierbei handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit i. S. von § 33 Abs. 2 FGO. Zur Verwaltung einer Abgabe gehört auch die Vollziehung, also die zwangsweise Einziehung (BFH v. 16.11.1965, VII 176/60 U, BStBl III 1965, 735). Die Frage, ob das FA im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens Auskunft über das steuerliche Verhalten des Schuldners geben bzw. die Durchführung eines Gewerbeuntersagungsverfahren anregen darf, fällt in die Zuständigkeit der FG (BFH v. 23.11.1993, VII R 56/93, BStBl II 1994, 356; FG Nbg v. 12.12.2006, II 141/2006, DStRE 2007, 981 rkr. nach Verwerfung NZB). Für Rechtsbehelfe gegen einen auf Antrag des FA vom AG erlassenen Durchsuchungsbeschluss (vgl. § 287 Abs. 4 Satz 3 AO) ist der ordentliche Rechtsweg (§ 13 GVG), nicht der Finanzrechtsweg gegeben (FG Mchn v. 10.11.2010, 3 K 76/07, StEd 2011, 73). Hinsichtlich der Ein- und Ausfuhrbeschränkungen sind Abgabenangelegenheiten nur die Maßnahmen der Finanzbehörden (Zollverwaltung), nicht hingegen der Behörden der Außenwirtschaftsverwaltung; für Streitigkeiten über Entscheidungen dieser Behörden gilt der allgemeine Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Vorschrift entspricht ihrem Inhalt nach im Wesentlichen der Legaldefinition des § 347 Abs. 2 AO; daher auch s. § 347 AO Rz. 4. Hinsichtlich einer begehrten Löschung der Steueridentifikationsnummer und der hierunter bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten ist der Finanzrechtsweg eröffnet, da deren Vergabe auf § 139b AO beruht und die begehrte Löschung sich als actus contrarius darstellt (z. B. FG Köln v. 07.07.2010, 2 K 3093/08, EFG 2010, 1860; v. 07.07.2010, 2 K 3265/08, BB 2010, 2334). In einer Streitigkeit über die Rechtmäßigkeit eines gem. § 22a Abs. 5 EStG festgesetzten Verspätungsgeldes wegen verspäteter Übermittlung der Rentenbezugsmitteilung ist der Finanzrechtsweg gegeben (FG BB v. 17.05.2017, 5 K 10070/15, juris). Macht der Stpfl. einen Herausgabeanspruch hinsichtlich seiner beim FA eingereichten Originalbelege geltend, ist hierfür der Finanzrechtsweg gegeben (FG Nds v. 21.04.2010, 7 K 228/08, EFG 2010, 1852). Für die Klage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung als Voraussetzung für die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis ist der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet (FG Ha v. 04.09.2006, 2 K 33/06, EFG 2007, 234). Für den Antrag auf Akteneinsicht, der außerhalb des Besteuerungsverfahrens zur Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs (Art. 34 GG, § 839 BGB) gestellt wird, ist der allgemeine Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht der Finanzrechtsweg (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO) eröffnet, da es sich nicht um eine Abgabenangelegenheit handelt (FG Bbg v. 20.04.2005, 1 K 250/05, EFG 2005, 1281). Für Rechtsbehelfe gegen die Ablehnung der Akteneinsicht nach Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens ist nicht der Finanzrechtsweg eröffnet, sondern der allgemeine Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO), da es sich um eine Maßnahme der Justizverwaltung handelt (BFH v. 24.02.2009, I B 172/08, juris). Zum Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters s. Rz. 2 a. Für Klagen gegen ein Hausverbot, das der FA-Vorsteher gegenüber einem Stpfl. erteilt hat, ist der allgemeine Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO) eröffnet (FG Münster v. 30.08.2010 14 K 3004/10, EFG 2011, 351). Denn es handelt sich nicht um eine spezifische Maßnahme der Abgabenverwaltung, sondern um eine allgemeine (Gefahrenabwehr-)Maßnahme zum Schutz des behördlichen Hausrechts, die jeder Behörde unabhängig von ihrer speziellen Zuständigkeit, zusteht. Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze sind z. B. solche zur Einhaltung der Art...