1. Ablehnungsgründe

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Beteiligten können nach § 96 Abs. 2 Satz 1 AO einen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn entweder ein Grund vorliegt, der Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen kann oder wenn von der Tätigkeit des Sachverständigen die Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses oder Schaden für die geschäftliche Tätigkeit eines Beteiligten zu befürchten ist. Hinsichtlich der Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Ablehnung einer Gerichtsperson wegen Besorgnis der Befangenheit gem. § 51 FGO, s. § 51 FGO Rz. 6. Durch die zweite Alternative sollen die Beteiligten vor Schäden bewahrt werden, die ihnen aus der Offenlegung ihrer Verhältnisse entstehen können, ohne die der Sachverständige seine Aufgabe nicht erfüllen kann. Dabei ist insbes. an die Möglichkeit bewusster oder unbewusst fahrlässiger Benutzung von Betriebsgeheimnissen und geschäftlichen Beziehungen zu denken. Durch die Ablehnungsmöglichkeit soll das Vertrauen zur Person des Sachverständigen sichergestellt werden. Neben diesem Ablehnungsrecht haben die Beteiligten selbstverständlich auch das Recht, sich im Übrigen zur Person des in Aussicht genommenen Sachverständigen zu äußern, insbes. ihrer in § 90 Abs. 1 Satz 2 AO festgelegten Mitwirkungspflicht dadurch zu genügen, dass sie ihnen bekannte und nach ihrer Ansicht noch besser geeignete Sachverständige benennen. Allerdings werden in diesem Fall nicht selten Zweifel gegen die Unparteilichkeit bestehen, die die Finanzbehörde bei ihrer Auswahlentscheidung zu beachten hat (zur Auswahl s. Rz. 3).

Zu beachten ist ferner, dass auch die Ausschlussgründe des § 82 AO Anwendung finden.

2. Verfahren

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Ablehnung ist der Finanzbehörde gegenüber unverzüglich nach Bekanntgabe der Person des Sachverständigen, jedoch spätestens innerhalb von zwei Wochen unter Glaubhaftmachung der Ablehnungsgründe geltend zu machen (§ 96 Abs. 2 Satz 2 AO). Nach Ablauf dieser zwei Wochen ist eine Ablehnung nur noch zulässig, wenn der Ablehnungsgrund vorher nicht geltend gemacht werden konnte (§ 96 Abs. 2 Satz 3 AO). Die Befristung soll verhindern, dass die Beteiligten eventuelle Ablehnungsgründe erst dann vorbringen, wenn das Gutachten für sie ungünstig ausgefallen ist. Zugleich soll einer Verfahrensverschleppung entgegengewirkt werden.

Auf die Befristung des Ablehnungsrechts sollte zweckmäßigerweise bei der Mitteilung der Person des in Aussicht genommenen Sachverständigen hingewiesen werden. Ein Grund, der den Ablehnungsberechtigten i. S. des § 96 Abs. 2 Satz 3 AO an der rechtzeitigen Geltendmachung des Ablehnungsgrundes gehindert hat, kann nur anerkannt werden, wenn der Beteiligte trotz sorgfältiger Erkundigungen den Ablehnungsgrund erst später erfahren hat. Die Finanzbehörde ist nicht verpflichtet, die Beteiligten auf mögliche Ablehnungsgründe aufmerksam zu machen.

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Über das Ablehnungsgesuch entscheidet diejenige Finanzbehörde, die den Sachverständigen ernannt hat oder ernennen will (§ 96 Abs. 2 Satz 4 AO). Eine Anhörung des abgelehnten Sachverständigen ist nicht vorgeschrieben; sie kann aber zweckmäßig sein, damit sich die Finanzbehörde über die Begründetheit des Ablehnungsgesuchs ein besseres Bild machen kann. Gegen die ablehnende Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist der außergerichtliche Rechtsbehelf des Einspruchs (§ 347 AO) gegeben. Weder das Ablehnungsgesuch noch die Rechtsbehelfe gegen die hierüber getroffene Entscheidung haben aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs. 2 Satz 5 AO). Auch dies dient der Verfahrensbeschleunigung. Nur in besonderen Fällen kann vorläufiger Rechtsschutz gem. § 114 FGO in Frage kommen. Im Übrigen ist die Finanzbehörde gut beraten, wenn sie die Ernennung des Sachverständigen bzw. die Erstattung des Gutachtens bis zur endgültigen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zurückstellt, sofern dieses nicht offensichtlich aussichtslos und die hierdurch bewirkte Verzögerung vertretbar ist. Bei einem erfolgreichen Ablehnungsgesuch muss die Finanzbehörde einen neuen Sachverständigen benennen; dem abgelehnten Sachverständigen steht kein Rechtsbehelf gegen die ablehnende Entscheidung zu.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?