Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Gericht kann nur auf Antrag tätig werden (auch s. Rz. 3). Der Antrag muss den Verwaltungsakt, hinsichtlich dessen Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung begehrt wird, bezeichnen. Aus ihm muss hervorgehen, dass und in welchem Umfang der Verwaltungsakt angefochten ist. Im Antrag ist darzulegen, dass entweder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder dass und warum dessen Vollziehung eine unbillige Härte mit sich brächte. Auch Ausführungen zur Frage der Sicherheitsleistung sind geboten und glaubhaft zu machen (z. B. BFH v. 14.06.2006, VII B 317/05, BFH/NV 2006, 1894; auch s. Rz. 23). Bezugnahme auf die Ausführungen in der Klage- bzw. Revisionsbegründungsschrift ist möglich (BFH v. 05.10.2010, X S 27/10, BFH/NV 2011, 274). Ist ein AdV-Antrag auch auf die Beseitigung der Säumnisfolgen gerichtet, kann er insoweit als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO auszulegen sein (BFH v. 19.03.2014, III S 22/13, BFH/NV 2014, 856).
Tz. 7a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wenn das FA zwischen der Stellung des gerichtlichen AdV-Antrags und der Entscheidung des Gerichts den angefochtenen Verwaltungsakt gleichwohl (weiter) vollzieht, kann der Antragsteller die einstweilige Einstellung der Vollstreckung mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 FGO) erreichen. Allerdings ist der Antrag mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn damit lediglich dem FA aufgegeben werden soll, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den anhängigen Antrag auf AdV die Vollstreckung einzustellen (BFH v. 11.01.1984, II B 35/83, BStBl II 1984, 210; BFH v. 06.05.1986, VII B 10/86, BFH/NV 1987, 96; BFH v. 21.10.1987, I B 2/87, juris). Denn ein "wesentlicher Nachteil" oder "anderer Grund" i. S. des § 114 Abs. 1 FGO ist nicht bereits in dem Umstand zu sehen, dass über einen Antrag auf AdV des angefochtenen Verwaltungsakts gerichtlich noch nicht entschieden ist (z. B. BFH v. 06.05.1986, VII B 10/86, BFH/NV 1987, 96; BFH v. 21.07.1992, VII B 64/92, BFH/NV 1994, 323). Insbesondere gibt es kein Recht auf "ungestörte Durchführung des AdV-Verfahrens" o. Ä. Der bloße Umstand, dass ein gerichtlicher Aussetzungsantrag anhängig ist und hierüber noch nicht entschieden wurde, begründet für sich genommen keinen Anordnungsgrund i. S. des § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Anordnungsanspruch für die einstweilige Anordnung ergibt sich vielmehr aus § 258 AO. Demnach muss die Vollstreckung bis zur Entscheidung über den Aussetzungsantrag unbillig sein. Dies ist der Fall, wenn der AdV-Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit Aussicht auf Erfolg hat, also ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder – sofern die summarische Prüfung im Rahmen des Anordnungsverfahrens weder eine überwiegende Erfolgsaussicht noch die Erfolglosigkeit des Aussetzungsantrags ergibt – eine Folgenabwägung zugunsten des Stpfl. ausfällt. In dem zuletzt genannten Fall muss die Folge, dass die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, der AdV-Antrag aber letztlich Erfolg hat, gegenüber der Folge, dass die einstweilige Anordnung erlassen wird, der Antrag auf AdV hingegen zurückgewiesen wird, aus Sicht des Stpfl. in ihrer Auswirkung schwerwiegender sein (vgl. zum Vorstehenden z. B. Bartone, AO-StB 2018, 126; Stapperfend in Gräber, § 69 FGO Rz. 232; Lange in HHSp, § 114 FGO Rz. 69). Abgesehen davon kann der Vorsitzende bzw. der Einzelrichter (§ 6 FGO) in dringenden Fällen gem. § 69 Abs. 3 Satz 5 FGO eine (vorläufige) AdV-Entscheidung treffen.