Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Über die Frage, ob eine atypisch stille Unterbeteiligung (Innengesellschaft) an dem Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft (Hauptgesellschaft) besteht und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, ist grundsätzlich in einem besonderen Feststellungsverfahren für die Unterbeteiligung zu entscheiden (BFH v. 05.11.1973, GrS 3/72, BStBl II 1974, 414). Es liegt aber im Ermessen des Finanzamts, ob für beide Rechtsverhältnisse ein Feststellungsverfahren oder zwei getrennte Verfahren durchgeführt werden. Wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses der Betroffenen ist regelmäßig eine besondere gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen (AEAO zu § 179, Nr. 4 Abs. 1 Satz 2; BFH v. 21.10.2015, IV R 43/12, BStBl II 2016, 517), es sei denn, alle Beteiligten – die Hauptgesellschaft und deren Gesellschafter sowie die Unterbeteiligten – sind mit der Durchführung eines Feststellungsverfahrens einverstanden sind; wird die Unterbeteiligung in der Feststellungserklärung für die Hauptgesellschaft geltend gemacht, gilt das Einverständnis als erteilt (AEAO zu § 179, Nr. 4 Abs. 2).
Tz. 15a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Beteiligt sich eine Personengesellschaft atypisch still an einer Kapitalgesellschaft, dürfen die Feststellungen der Einkünfte aus der Personengesellschaft und aus der atypisch stillen Gesellschaft nicht in einem einheitlichen Feststellungsbescheid getroffen werden. Es handelt sich um zwei getrennte Gewinnermittlungssubjekte, für die deshalb separate Gewinnfeststellungen durchzuführen sind. Daher müssen zunächst für die atypisch stille Gesellschaft als selbstständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation die vom Inhaber des Handelsgeschäfts und dem atypisch stillen Gesellschafter gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festgestellt werden. Anschließend sind die im Grundlagenbescheid festgestellten Einkünfte einerseits in den KSt-Bescheid der Kapitalgesellschaft und andererseits in den die Personengesellschaft betreffenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von deren Einkünften zu übernehmen (BFH v. 21.10.2015, IV R 43/12, BStBl II 2016, 517; AEAO zu § 179, Nr. 4 Abs. 5). Dasselbe gilt, wenn sich eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft atypisch still am Gewerbe einer Personengesellschaft beteiligt (BFH v. 13.10.2016, IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475).
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei der Kumulation von stillen Gesellschaften – jeder der still Beteiligten steht für sich in einem Gesellschaftsverhältnis gem. § 230ff. HGB zum Inhaber – ist eine einzige Feststellung zulässig, wenn sich alle atypisch stillen Gesellschafter am gesamten Betrieb des Prinzipals beteiligen (BFH v. 15.10.1998, IV R 18/98; BStBl II 1999, 296; Lindwurm, DStR 2000, 53, 59). Beteiligen sich die atypisch stillen Gesellschafter dagegen an verschiedenen partiellen Geschäftsbereichen, ist für jede der atypisch stillen Gesellschaften eine isolierte gesonderte Feststellung erforderlich (BFH v. 04.08.1988, IV R 60/86, BFH/NV 1990, 19; Lindwurm, DStR 2000, 53, 59).
Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In Ausnahmefällen ist der Unterbeteiligte dann steuerrechtlich Mitunternehmer der Hauptgesellschaft (s. Kunz in Gosch, § 179 AO Rz. 50), wenn er zweifelsfrei Mitunternehmerinitiative bei der Hauptgesellschaft entfaltet und deren unternehmerisches Risiko mitträgt. Dies ist z. B. bei § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Fall. Da die Abgrenzung in diesen Fällen nicht immer leicht ist, sollte auch in diesen Fällen nur dann von einer besonderen gesonderten Feststellung abgesehen werden, wenn alle Beteiligten einverstanden sind (Kunz in Gosch, § 179 AO Rz. 50 m. w. N.).
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Kein Fall des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO ist die typisch stille Unterbeteiligung am Anteil an einer Personengesellschaft: es fehlt an einer Beteiligung des Haupt- und des Unterbeteiligten an denselben Einkünften, denn der Hauptbeteiligte erzielt i. d. R. Einkünfte aus § 15 EStG, beim typisch Unterbeteiligten handelt es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), wiederkehrende Bezüge (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) oder nicht steuerpflichtige private Vermögensmehrung (§ 22 Nr. 1 Satz 2 EStG). Mangels gemeinschaftlicher Einkünfte findet keine Feststellung zwischen Haupt- und Unterbeteiligten statt (BFH v. 07.09.2000, III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 m. w. N.; Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 18). Die Gewinnanteile des Unterbeteiligten sind jedoch als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten in die Feststellung der Personengesellschaft einzubeziehen (BFH v. 11.09.1991, XI R 35/90, BStBl II 1992, 4; AEAO zu § 179, Nr. 5). Eine Nachholung des Sonderbetriebsausgabenabzugs im Veranlagungsverfahren (AEAO zu § 179, Nr. 5 Satz 2) oder durch Ergänzungsbescheid (AEAO zu § 179, Nr. 2 Abs. 3) ist nicht zuläss...