Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Zivilrecht enthält eine große Zahl von Haftungstatbeständen, die sich ganz oder teilweise mit steuerrechtlichen Tatbeständen decken können. Die Geltendmachung erfolgt in jedem Fall durch Haftungsbescheid nach § 191 AO (BFH v. 21.01.1986, VII R 179/83, BStBl II 1986, 383; Blesinger, Haftung und Duldung im Steuerrecht, 2005, S. 163 ff.; a. A. BFH v. 19.12.2013, III R 25/10, BStBl II 2015, 119). Nachstehend sei auf wichtige außersteuerliche Haftungsvorschriften hingewiesen, die erfahrungsgemäß in der steuerlichen Praxis eine Rolle spielen können. Die Aufzählung ist jedoch nicht erschöpfend.
1. BGB
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§§ 2382, 2383 BGB: Haftung des Erbschaftskäufers.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (s. §§ 705ff. BGB) stellt sich die Frage nach der Haftung der Gesellschafter da, wo die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Steuerrechtssubjekt und damit selbst Steuerschuldner ist. Das ist z. B. bei der Umsatzsteuer, Gewerbesteuer oder Grunderwerbsteuer der Fall (BFH v. 11.02.1987, II R 103/84, BStBl II 1987, 325; BFH v. 09.05.2006, VII R 50/05, BStBl II 2007, 600). Die Haftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird durch die entsprechende Anwendung des § 128 HGB (Akzessorietätslehre) begründet. Dem liegt zugrunde, dass der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine (Teil-) Rechtsfähigkeit zuerkannt wird (BGH v. 29.01.2002, II 331/00, BB 2002, 1015; BGH v. 24.02.2003, II ZR 385/99, DStR 2003, 747 zur Haftung für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten; zur Grundrechtsfähigkeit s. BVerfG v. 02.09.2002, 1BvR 1103/02, NJW 2002, 3533). Der BFH hat sich dem angeschlossen (BFH v. 09.05.2006, VII R 50/05, BStBl II 2007, 600). Dies hat zur Folge, dass neu eintretende Gesellschafter auch für Altverbindlichkeiten haften (BGH v. 07.04.2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803; anders noch BFH v. 02.02.1994, II R 7/91, BStBl II 1995, 300) und dass eine einseitige Erklärung nicht zur Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen führen kann (BGH v. 27.09.1999, II ZR 371/98, BB 1999, 2152; BFH v. 27.03.1990, VII R 26/89, BStBl II 1990, 939). Konsequent erstreckt sich die Haftung nicht nur auf Steuerschulden, sondern auf alle Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis (BFH v. 27.06.1989, VII R 100/86, BStBl II 1989, 952). Haftungsschuldner kann auch derjenige sein, der den Rechtsschein erweckt, Gesellschafter zu sein (BFH v. 09.05.2006, VII R 50/05, BStBl II 2007, 600).
Tz. 8
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Die Mitglieder eines nichtrechtsfähigen Vereins haften grundsätzlich wie Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (s. § 54 BGB).
2. HGB
Tz. 9
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Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung (s. § 25 HGB). Der Erwerber eines Handelsgeschäfts haftet in diesem Fall für alle im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers und damit für alle als Betriebsschulden zu qualifizierenden Steuerschulden. Die Haftung ist abdingbar (s. § 25 Abs. 2 HGB). Der Haftungstatbestand überlappt sich mit dem des § 75 AO, wobei zu beachten ist, dass die Haftung nach § 75 AO weder Firmenfortführung voraussetzt noch abdingbar ist und der Haftungsumfang sachlich und zeitlich abweicht.
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 27 HGB: Haftung des Erben bei Geschäftsfortführung. § 28 HGB: Haftung bei Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns.
Tz. 11
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Haftung bei OHG und KG: Die Unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter einer OHG folgt aus § 128 HGB. Diese kann auch nicht im Handelsregister eingetragene Personen treffen, wenn eine Mitunternehmerschaft besteht (BFH v. 28.10.2008, VII R 32/07, BFH/NV 2009, 355). Die Haftung besteht auch nach dem Ausscheiden aus der OHG bzw. deren Auflösung für die Dauer von fünf Jahren fort (s. § 159 HGB). Die Haftung der Komplementäre einer KG ist ebenfalls unbeschränkt (s. §§ 161, 128, 159 HGB). Die Haftung der Kommanditisten ist unbeschränkt bis zur Eintragung der KG (s. § 176 HGB), wenn die Beteiligung als Kommanditist dem Gläubiger nicht bekannt war. Nach der Eintragung der KG ist die Kommanditistenhaftung bis zur Höhe der Einlage beschränkt, soweit die Einlage nicht geleistet oder zurückgezahlt ist (s. §§ 171, 172 HGB). Die Haftung neu eintretender Gesellschafter für Altverbindlichkeiten ist in §§ 130, 173 HGB geregelt.
Tz. 12
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Die persönliche Haftung der Gesellschafter kann in der Insolvenz der Gesellschaft nach § 93 InsO nur vom Verwalter geltend gemacht werden. Diese Sperrwirkung gilt aber nicht, wenn die Haftung auf steuerrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird (BFH v. 02.11.2001, VII B 155/01, BStBl II 2002, 73; BGH v. 04.07.2002, IX ZR 265/01, BStBl II 2002, 786; a. A. Kesseler, ZIP 2002, 1974).
3. Juristische Personen
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für die Verbindlichkeiten der AG haftet nur das Gesellschaftsvermögen (s. § 1 AktG). Wer vor der Eintragung der Gesellschaft in ihrem Nam...