1. Ermessensgrenzen
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Höhe des festzusetzenden Verspätungszuschlags ist doppelt begrenzt. Er darf höchstens 10 % der festgesetzten Steuer (und nicht des "Zahlbetrages", BFH v. 19.11.2013, XI B 50/13, BFH/NV 2014, 295) oder des festgesetzten Messbetrags und zudem höchstens 25 000 EUR betragen (§ 152 Abs. 2 Satz 1 AO). In Verfahren über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind die steuerlichen Auswirkungen zu schätzen (§ 152 Abs. 4 AO, s. Rz. 20 f.). Unerheblich ist, ob die Festsetzung der Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht oder vorläufig erfolgt. Zu möglichen Folgen einer Änderung der Steuerfestsetzung s. Rz. 31 f.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Höchstbetrag von 25 000 EUR kann auch dadurch ausgeschöpft werden, dass ein Verspätungszuschlag von bspw. 4 % ermessensgerecht ist, dieser jedoch den Betrag von 25 000 EUR übersteigt; der absolute Höchstbetrag stellt damit – anders als der Satz von 10 %, der auch Orientierungsmaßstab für die Bemessung des Verspätungszuschlags sein kann – eine Kappungsgrenze dar (Seer in Tipke/Kruse, § 152 AO Rz. 40 ff., s. auch BFH v. 11.06.1997, X R 14/95, BStBl II 1997, 642).
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen wegen verspäteter Abgabe von Steuervoranmeldungen hindert die Finanzbehörde nicht, wegen verspäteter oder Nichtabgabe der Jahreserklärung wiederum einen Verspätungszuschlag festzusetzen (s. BFH v. 16.05.1995, XI R 73/94, BStBl II 1996, 259, auch zu den Auswirkungen auf die Höhe der Verspätungszuschläge zu den geschätzten USt-Voranmeldungsbeträgen im Hinblick auf die relative Grenze des § 152 Abs. 2 AO); gleiches gilt für das Verhältnis von Feststellungsverfahren (§ 179ff. AO) zu Steuerfestsetzungsverfahren. Hierbei ist jede Pflichtwidrigkeit für sich allein zu beurteilen. Die absolute Höchstgrenze von 25 000 EUR gilt nur in Bezug auf den einzelnen Verspätungszuschlag. Auch kann die Summe der festgesetzten Verspätungszuschläge die Grenze von 10 % der Jahressteuer überschreiten (a. A. Mösbauer in K/S, § 152 AO Rz. 10). Allerdings ist im Rahmen der Ermessensausübung die mit der Grenze von 10 % vorgegebene Wertung des Gesetzgebers angemessen zu berücksichtigen.
2. Zu berücksichtigende Ermessenskriterien
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für die Ermessensausübung anlässlich der Entscheidung, in welcher Höhe der Verspätungszuschlag im Einzelfall festgesetzt werden soll, sind nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO neben dem Zweck des Verspätungszuschlags (dazu s. Rz. 1; zum Inhalt des missglückten Wortlauts s. Rz. 10) die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs (vgl. BFH v. 15.03.2007, VI R 29/05, BFH/NV 2007, 1076), die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dabei sind die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien grundsätzlich gleichwertig; ihnen kann jedoch im jeweiligen Einzelfall unterschiedliches Gewicht zukommen. Auch ist es möglich, dass einzelne Kriterien ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung bleiben. Die Finanzbehörde muss dennoch bei ihrer Entscheidung alle ausdrücklich und abschließend aufgeführten Kriterien beachten und das Für und Wider ihrer Berücksichtigung gegeneinander abwägen (s. grundsätzlich: BFH v. 14.06.2000, X R 56/98, BStBl II 2001, 60, BFH v. 11.06.1997, X R 14/95, BStBl II 1997, 642 und BFH v. 28.03.2007, IX R 22/05, BFH/NV 2007, 1450).
Tz. 17
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Die für die Bemessung des Verspätungszuschlags maßgeblichen Erwägungen hat die Finanzbehörde nach Maßgabe der §§ 121, 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO in dem Festsetzungsbescheid darzulegen (BFH v. 11.06.1997, X R 14/95, BStBl II 1997, 642; zum Begründungsumfang bei Kleinbeträgen oder Massenverfahren s. BFH v. 08.08.1988, V R 19/83, BStBl II 1988, 929). Berücksichtigt die Finanzbehörde nicht alle aufgeführten Kriterien oder sind nicht alle Sachverhaltsumstände, die diese Kriterien ausfüllen, bekannt, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor (BFH v. 15.03.2007, VI R 29/05, BFH/NV 2007, 1076; BFH v. 14.06.2000, X R 56/98, BStBl II 2001, 60; BFH v. 11.06.1997, X R 14/95, BStBl II 1997, 642).
Tz. 18
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Die Festsetzung mittels automatisierter Verfahren ist nur zulässig, solange die Datenverarbeitungsanlage lediglich Vorschläge fertigt, die ein Hilfsmittel für die vom Amtsträger zu treffende Ermessensentscheidung darstellen, eingehend: s. FG Ddorf v. 13.07.2000, 18 K 8833/99, EFG 2001, 119 m. w. N., vgl. auch BFH v. 28.03.2007, IX R 22/05, BFH/NV 2007, 1450. Soweit zur Ausübung des Ermessens Berechnungskriterien vorgegeben werden (vgl. AO-Karten; NRW § 152 AO Karte 801), können diese die anzustellenden Ermessenserwägungen nicht ersetzen und auch nicht zwingend vorgeben (vgl. FG Münster v. 19.04.2013, 14 K 1495/12, EFG 2013, 1189).
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu den Gesichtspunkten im Einzelnen:
Die Dauer der Fristüberschreitung b...