Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
1. Form, Frist
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen finanzgerichtlichen Entscheidung zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO). Es herrscht Begründungszwang, der der Klärung des zur Entscheidung anstehenden Prozessstoffes dient. Die Begründung ist beim BFH (nicht beim FG!) einzureichen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die Begründungsfrist kann nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO von dem Vorsitzenden – bei Verhinderung durch dessen Vertreter – auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen Monat verlängert werden. Die verlängerte Frist knüpft nicht an den Tag der Antragstellung, sondern den Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist an, sodass die maximale Begründungsfrist drei Monate beträgt. Der Verlängerungsantrag muss demnach am letzten Tag des Fristlaufs beim BFH eingegangen sein; ein späterer Verlängerungsantrag ist nicht zu beachten, die NZB mithin mangels Begründung unzulässig. Eine Wiedereinsetzung mit dem Ziel einer Verlängerung der Begründungsfrist kommt nicht in Betracht (BFH v. 09.08.2011, VIII B 48/11, BFH/NV 2011, 1911). In Ausnahmefällen kann aber eine Wiedereinsetzung in die verstrichene Begründungsfrist möglich sein (BFH v. 17.11.2015, V B 56/15, BFH/NV 2016, 222). Eine weitere Verlängerung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht möglich, sodass alle zur Begründung dienenden Gründe binnen der Frist vorzubringen sind. Selbstverständlich ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Rechtsmittelführer zu einem Schriftsatz der Gegenseite nochmals Stellung nimmt; neu vorgebrachte Gründe finden aber keine Berücksichtigung (BFH v. 27.04.2015, X B 47/15, BFH/NV 2015, 1356; Seer in Tipke/Kruse, § 116 FGO Rz. 23). Die Begründung braucht nicht in einem Schriftsatz eingereicht zu werden; allerdings müssen bei einer über mehrere Schriftsätze verteilten Begründung alle Schriftsätze innerhalb der Begründungsfrist eingehen.
2. Inhalt
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Mit der Verweisung ist klargestellt, dass die Zulassung der Revision durch den BFH nur mit Gründen begehrt werden kann, die dass FG zur Zulassung der Revision hätte veranlassen müssen. Dies entspricht dem Zweck des NZB-Verfahrens, die Zulassungsentscheidung des FG zu überprüfen. Darlegung erfordert, dass der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, auf welchen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO er seine Beschwerde stützt und aus welchen Umständen sich ergibt, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Revisionsgrundes erfüllt sind. Ist das Urteil des FG auf mehrere selbstständig tragende Gründe (kumulativ oder alternativ) gestützt, so muss hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund angeführt, geltend gemacht und dargelegt werden (st. Rspr., u. a. BFH v. 11.08.2016, III B 88/16, BFH/NV 2017, 149). An die Darlegung werden strenge Anforderungen gestellt. So reicht es nicht aus, wenn der Beschwerde lediglich allgemein in den Raum stellt, einer der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO läge vor. Es muss vielmehr bezogen auf die Tatbestandsmerkmale der Revisionsgründe im Einzelnen erläutert werden, warum der Revisionsgrund zum Tragen kommt. Dies erfordert, dass sich aus der Begründung ergibt, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Streitstoff auseinandergesetzt hat und sich konkret mit den Umständen des Einzelfalles befasst hat. Die Begründung muss sich dementsprechend mit der FG-Entscheidung auseinandersetzen, darf sie nicht offenkundig übergehen (BFH v. 11.03.2003, V B 193/02, BFH/NV 2003, 932). Ausführungen, warum die Entscheidung materiellrechtlich falsch sein soll, reichen nicht aus, da ein solches Vorbringen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt; die FGO kennt keinen Revisionsgrund der materiellrechtlichen falschen Entscheidung. Ausnahmsweise gelten herabgesetzte Darlegungsanforderungen, wenn die zum Beschwerdegegenstand gemachte Rechtsfrage offenkundig ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn auf eine dem EuGH vorgelegte Rechtsfrage verwiesen wird, die auch im nämlichen NZB-Verfahren entscheidungserheblich ist (BFH v. 14.03.2016, X B 101/14, BFH/NV 2016, 1046).
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nicht ausreichend für eine substantiierte Darlegung sind pauschale Verweisungen auf das Vorbringen in der ersten Instanz, da es dem Rechtsmittelgericht ermöglicht werden soll, über das Vorliegen eines Zulassungsgrundes auch ohne eigene Ermittlungen aus den Akten zu befinden. Aus diesem Grund kann auch die Bezugnahme auf einzelne Schriftsätze dem Darlegungserfordernis nicht genügen, sondern allenfalls zur Ergänzung dienen. Auch nur formelhafte Wendungen, die keinen Bezug zu der angefochtenen Entscheidung haben, genügen nicht; gleiches gilt für die Behauptung, die angewandte Vorschrift sei verfassungswidrig (BFH v. 18.04.2017, V B 147/16, BFH/NV 2017, 1052). Auch unklare und unübersichtliche Ausführungen können dazu führen, dass der Darlegungspf...