Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes ist steuerlich solange und so weit ohne Bedeutung, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Geschäftes gleichwohl eintreten und bestehen lassen (s. § 41 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Vorrang des Faktischen überwiegt die Mängel der rechtlichen Gültigkeit. Allerdings müssen die wirtschaftlichen Wirkungen eines nichtigen oder anfechtbaren Geschäfts eindeutig eingetreten sein, um sie für die Besteuerung maßgeblich zu machen (BFH v. 07.10.1981, II R 16/80, BStBl II 1982, 28; BFH v. 28.03.2007, II R 25/05, BStBl II 2007, 461 und BFH v. 14.02.2007, XI R 18/06, BStBl II 2009, 957 betr. eine unwirksame Verfügung von Todes wegen; BFH v. 02.04.1982, VI R 34/79, BStBl II 1982, 502 betr. eine illegale, jedoch gleichwohl durchgeführte Arbeitnehmer-Verleihung; BFH 06.04.1993, VIII R 68/90, BStBl II 1993, 825: Zinszahlung ohne Anspruch; BFH v. 17.02.2004, VII R 26/01, BStBl II 2004, 651 betr. formwirksame Abtretung von Gesellschaftsanteilen und Übertragung des Stimmrechts in Vollzug eines formunwirksamen Kaufvertrags; BGH v. 06.09.2012, 1 StR 140/12, NJW 2012, 3455 betr. Vollzug einer formunwirksamen Treuhandvereinbarung,). Trifft das zu, ist eine begründete Anfechtung des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts unbeachtlich, solange das Geschäft nicht rückabgewickelt ist (BFH v. 14.05.1976, III R 113/74, BStBl II 1976, 656). Der Eintritt der wirtschaftlichen Wirkung eines mangels jeder Beurkundung (s. § 313 BGB) unwirksamen Grundstückskaufvertrages ist schlicht ausgeschlossen (BFH v. 21.12.1981, II R 124/79, BStBl II 1982, 330), nicht jedoch der eines infolge unvollständiger Beurkundung nichtigen Grundstücksgeschäfts, das aber voll erfüllt wird (BFH v. 19.07.1989, II R 83/85, BStBl II 1989, 989). Ist die tatsächliche Durchführung ungewiss oder in der Schwebe, wie z. B. die Erfüllung einer sittenwidrigen Verbindlichkeit, kommt eine steuerliche Berücksichtigung (noch) nicht in Betracht (BFH v. 19.12.1961, I 66/61 U, BStBl III 1962, 64). Ebenso eindeutig bedarf es der Beseitigung eingetretener wirtschaftlicher Wirkungen, wenn die Unwirksamkeit eines Geschäftes auch steuerlich Geltung erlangen soll (BFH v. 03.08.1960, II 263/57, HFR 1961, 184: Rücktritt von einer Schenkung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage; BFH v. 14.08.1966, IV 61/64, BStBl III 1967, 175: vergleichsweiser Abschluss eines Prozesses über ein angefochtenes Testament; BFH v. 16.01.1966, II 29/64, BStBl III 1966, 279: keine Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer bei Herausgabe von Gegenständen wegen Formungültigkeit des Testaments).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Erklären die Vertragsbeteiligten versehentlich das Falsche, kommt ein Vertrag nicht mit dem erklärten, sondern dem gewollten Inhalt zustande. Werden die fehlerhaften Erklärungen später berichtigt, so kommt dem keine weitere steuerliche Wirkung zu (BFH v. 12.11.1975, II R 116/75 BStBl II 1976, 168).