1. Persönliche und sachliche Steuerpflicht (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO)
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 184 Abs. 1 Satz 2 AO wird zusammen mit der Festsetzung der Steuermessbeträge bindend über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die persönliche Steuerpflicht betrifft die Frage, wer Steuerschuldner (§ 10 GrStG, § 5 GewStG) ist, und welche persönlichen gesetzlichen Steuerbefreiungen (§ 3 GewStG) greifen. Bei einem Wechsel des Steuerschuldners während des Erhebungszeitraums ist der für den Erhebungszeitraum maßgebliche Messbetrag dem jeweiligen Steuerschuldner anteilig zuzurechnen und getrennt festzusetzen (BFH v. 17.02.1989, III R 36/85, BStBl II 1989, 664). Übernimmt dagegen der Gesellschafter einer Personengesellschaft das Unternehmen während des Erhebungszeitraums und führt es als Einzelunternehmen fort, tritt Gesamtrechtsnachfolge ein, sodass der für den Erhebungszeitraum ermittelte Messbetrag nicht zeitanteilig auf die Personengesellschaft und den Gesellschafter aufgeteilt werden muss (BFH v. 11.08.1993, III R 83/89, BFH/NV 1994, 263).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die sachliche Steuerpflicht betrifft den Steuergegenstand (§ 2 GrStG, §§ 2, 35a GewStG) und die sachlichen Steuerbegünstigungen (§ 3ff. GrStG). Ggf. ist auch über die unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht zu entscheiden. Die rechtliche Qualifikation von Einkünften in einem ESt-Bescheid hat keine Bindungswirkung für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags (Kunz in Gosch, § 184 AO Rz. 8).
2. Steuergläubiger
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Was die Feststellung des Steuergläubigers betrifft, ist die Regelung in der AO unvollständig. § 184 Abs. 1 AO sieht keine verbindliche Feststellung vor, eine solche findet im Übrigen nach § 190 AO nur auf Antrag eines Beteiligten durch einen Zuteilungsbescheid statt. Sie soll nicht Gegenstand des Steuermessbescheids sein (h. M., BFH v. 19.11.2003, I R 88/02, BStBl II 2004, 751; ebenso Boeker in HHSp, § 184 AO Rz. 35 m. w. N.; Brandis in Tipke/Kruse, § 184 AO Rz. 9 m. w. N.; Kunz in Gosch, § 184 AO Rz. 9). Als materiell-rechtliche Voraussetzung sei sie vielmehr eigenständig beim Erlass des Gewerbesteuerbescheides zu prüfen. Dies findet aber regelmäßig nicht statt. Vielmehr ist mit der Entscheidung, welcher Gemeinde nach § 184 Abs. 3 AO der Inhalt des Steuermessbescheids mitgeteilt wird, der Steuergläubiger de facto bestimmt, wobei dieser dort allerdings meist nicht oder nur verschlüsselt benannt wird. Die Gesetzeslücke kann m. E. befriedigend nur dadurch gelöst werden, dass im Steuermessbescheid auch darüber entschieden wird – ggf. incidenter durch Bestimmung der Gemeinde, die nach § 184 Abs. 3 AO informiert wird –, welche Gemeinde Steuergläubiger ist, weil anderenfalls über die Steuergläubigerschaft nicht entschieden wäre, wenn kein Zerlegungs- oder Zuteilungsverfahren durchgeführt wird.
3. Maßgebliche Vorschriften (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO)
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 184 Abs. 1 Satz 3 AO sind die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung auf die Festsetzung der Steuermessbeträge sinngemäß anzuwenden. Das betrifft nicht nur die Regelungen zur "Durchführung der Besteuerung" in §§ 134 bis 217 AO, sondern alle allgemeinen Verfahrensvorschriften der AO, vor allem die Regelungen über die Ermittlung der Steuern (§§ 85ff. AO) einschließlich der Außenprüfung (§§ 193ff. AO), über die Bekanntgabe von Bescheiden, über die Festsetzungsverjährung (§§ 169ff. AO), die §§ 129, 164 und 165 AO sowie die Vorschriften über die Änderung von Steuerbescheiden (BFH v. 08.02.1995, I R 127/93, BStBl II 1995, 764; Brandis in Tipke/Kruse, § 184 AO Rz. 5). Wegen der Gleichstellung der Steuermessbescheide mit den Steuerbescheiden und der Geltung der für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Verfahrensvorschriften. Im Übrigen s. § 181 AO Rz. 2 ff.
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Bekanntgabe von Steuermessbescheiden richtet sich nach § 122 AO (für GrSt-Messbescheide s. AEAO zu § 122, Nr. 2.6). Sie ist regelmäßig Angelegenheit der Behörde, die sie erlässt, kann aber auf andere Behörden delegiert werden (BFH v. 12.01.1992, XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 m. w. N.). Sie kann durch das FA erfolgen, erfolgt jedoch regelmäßig zusammen mit den Steuerbescheiden durch die Gemeinden, nachdem dies auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG durch landesrechtliche Regelungen zugelassen worden ist. Die Gemeinden werden nicht in Amtshilfe tätig (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 AO). Fehlt es an einer solchen landesrechtlichen Regelung, sind gleichwohl durch die Gemeinde bekannt gegebene Messbescheide rechtswidrig, nicht aber nichtig, die fehlerhafte Bekanntgabe wird durch die fehlerfreie Bekanntgabe im Einspruchsverfahren geheilt (Brandis in Tipke/Kruse, § 184 AO Rz. 14 m. w. N.). Da in den Stadtstaaten keine Gemeinden bestehen, steht das Realsteueraufkommen dem Land zu (Art. 106 Abs. 6 Satz 3 GG), sodass hier die FA den Messbetrag und die Steuer festsetzen und die entsprechenden Bescheide bekannt geben. Im Übrigen s. Rz. 15.
4. Steuermessbescheid als Grundlagenbescheid (§ 184 Abs. 1 Satz 4 AO)
Tz. 11
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