Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Verboten ist das unbefugte Offenbaren oder Verwerten. Offenbaren heißt, die erlangten Kenntnisse einem anderen zugänglich zu machen, die Kenntnisse an den anderen weiterzugeben. Dies kann mündlich und schriftlich geschehen, aber auch durch schlüssiges Verhalten (Gesten, Mimik) oder Unterlassen notwendiger Geheimhaltungsmaßnahmen (offenes Liegenlassen von Aktenstücken usw.; AEAO zu § 30, Nr. 3.2). Das Offenbaren setzt voraus, dass dem Adressaten Informationen verschafft werden, die er bisher nicht kannte. In diesem Sinn ist eine Tatsache bekannt – und kann daher nicht mehr offenbart werden –, wenn sie einem unbeschränkten größeren Kreis Dritter tatsächlich bekannt geworden ist (z. B. Veröffentlichung in allgemein zugänglichen Medien). Die Tatsache ist hingegen nicht allgemein bekannt, wenn sich von ihr nur jedermann hätte Kenntnis verschaffen können. Der Schutz durch das Steuergeheimnis geht daher nicht schon dadurch verloren, dass eine Tatsache Gegenstand einer öffentlichen Erörterung z. B. in einer Gerichtsverhandlung gewesen ist (BFH v. 14.04.2008, VII B 226/07, BFH/NV 2008, 1295, a. A. Lindwurm, AO-StB 2010, 378). Gleichgültig ist, ob die Person, der die Kenntnisse mitgeteilt werden, selbst Amtsträger und mit dem Steuerfall befasst bzw. für diesen zuständig ist. Solche Umstände betreffen allein die Frage der Befugnis zur Offenbarung.
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Verwerten bedeutet Auswertung gewonnener Erkenntnisse durch deren Nutzung zu eigenen oder fremden Zwecken. Eingeschlossen ist das Bewusstsein, aus einer Benutzung des Geheimnisses zum eigenen oder fremden Nutzen Vorteile zu ziehen.
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nur unbefugtes Offenbaren oder Verwerten stellt eine Verletzung des Steuergeheimnisses dar. Die zahlreichen Fälle der erlaubten Durchbrechung des Steuergeheimnisses sind in den § 30 Abs. 4 und 5 AO umschrieben (s. Rz. 18 ff.). Zu beachten ist, dass § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO eine Öffnungsklausel für gesetzliche Regelungen außerhalb des § 30 AO enthält (s. dazu Rz. 26). Eine Erweiterung über die gesetzlich definierten Fälle hinaus ist wegen der Bedeutung des Steuergeheimnisses nicht zulässig.